Foto: Regine Hendrich

Wahlkampfstimmung im obersten ORF-Gremium am Donnerstag, zwei Monate vor der Bestellung des nächsten ORF-Chefs. Bisher hat nur einer Interesse deklariert, Österreichs größtes Medienunternehmen 2022 bis 2026 zu führen. Der kündigte im Stiftungsrat an, was er medial zur Wahl vorhat.

Alexander Wrabetz, ORF-Chef seit 2007, will bleiben. Im direkt dem General unterstellten Spartenkanal ORF 3 plant er für 3. August ein Hearing der bis dahin deklarierten Bewerber. Da ist die Bewerbungsfrist – vier Wochen ab 30. Juni – abgelaufen. Doch in alter ORF-Tradition kann jeder der 35 Stiftungsräte bis 6. August nachnominieren.

Wer sind die Gegner?

Wrabetz wüsste naturgemäß gerne seine Gegner und Gegnerinnen schon jetzt, jedenfalls aber ein paar Tage vor der Wahl. Das sehen wohl auch die Belegschaft und ihre Vertreter und einige Stiftungsräte so, etwa Heinz Lederer (SPÖ). Der beantragte am Donnerstag im Stiftungsrat ein solches öffentliches Hearing auf ORF 3, Räte in Grün, Blau und Pink sollen das positiv gesehen haben.

Nun soll Stiftungsratschef Norbert Steger (FPÖ) ein rechtlich abgesichertes Prozedere für ein Hearing finden – sonst will Lederer eine Sondersitzung vor der Wahl verlangen.

2016, als der damalige Finanzdirektor Richard Grasl gegen Wrabetz antrat, gab es ein Hearing auf ORF 3 am Vorabend der Bestellung. Das könnte auch nun eine Kompromissformel sein.

Mal Kandidat, mal Mehrheit

ÖVP und FPÖ unterstützten 2016 Grasl und unterlagen SPÖ, Grünen, Neos. Grasl ist heute stellvertretender Kurier-Chefredakteur. 2021 stellen türkise Stiftungsräte allein die Mehrheit. Nun gibt es zwei Monate vor der Wahl weder klar erkennbaren Kandidaten noch Kandidatin.

Eine Verlängerung des Sozialdemokraten Alexander Wrabetz für eine vierte Amtszeit sehen bürgerliche Stiftungsräte aber skeptisch.

"Time for a Change"

Womöglich entscheidende Faktoren für den 10. August 2021 seien "Innovation und Erneuerung", sagt einer aus der türkisen Fraktion. Von "Time for a Change" sei in dem Freundeskreis die Rede.

Noch sei die Generalsfrage nicht entschieden. Noch sei mit vielen "Nebelgranaten" – über kolportierte Kandidaten – zu rechnen.

2006 ließ der damalige Finanzdirektor – Alexander Wrabetz* – die Bewerbungsfrist verstreichen. Er ließ sich am letztmöglichen Termin von SPÖ, BZÖ, Grünen und FPÖ nachnominieren, für das BZÖ die "Möglichkeit zur Veränderung" nach Generalin Monika Lindner. (Harald Fidler, 11.6.2021)