Das Team des deutschen Trainers Jogi Löw darf die Gruppenphase in München verbringen. Viele andere Mannschaften werden zu Vielfliegern.

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Eine Fußball-EM in elf Städten über ganz Europa und sogar bis nach Asien verteilt – das klingt aus Sicht des Klimaschutzes nach keiner guten Idee. Auch wenn durch die Pandemie deutlich weniger Fans erwartet werden als ursprünglich geplant, verursacht allein die Reisetätigkeit während der EURO 2020 Hunderttausende Tonnen CO2.

Den weitesten Weg in der Gruppenphase wird die Schweiz zurücklegen. Von ihrem Hauptquartier in Rom wird die "Nati" zum ersten Gruppenspiel nach Baku fliegen, dann zur zweiten Partie zurück nach Rom, während das Abschlussspiel neuerlich in Baku stattfindet. Selbst wenn die Eidgenossen an diesem Punkt ausscheiden und nach Bern zurückkehren, werden sie fast 13.000 Kilometer im Flugzeug überwunden haben – rund ein Drittel des Erdumfangs.

Hinweis: Wegen der noch unbekannten Vorrundenergebnisse ist nicht klar, für welche Teams die Reise nach der Gruppenphase weitergeht und welche den Heimweg antreten. In der Visualisierung wird für jedes Team angenommen, dass es vor der K.o.-Runde ausscheiden könnte und heimreisen muss. Nicht berücksichtigt sind mögliche Zwischenstopps der Teams zwischen den Spielen.

Umweltfreundlichste Endrunde ...

Und trotzdem will die Uefa das Turnier zur "bis dato umweltfreundlichsten Endrunde" machen. Gelingen soll das durch diverse Umweltschutz- oder Kompensationsmaßnahmen, allen voran durch die Investitionen in Projekte von "South Pole". Das ist ein Unternehmen, das "Lösungen für Klimaneutralität im Einklang mit den anspruchsvollsten internationalen Richtlinien" verspricht.

Eine Initiative zum Beispiel versorgt Bewohner ländlicher Gebiete in Ruanda mit energieeffizienten Kochstellen, dadurch verbrauchen die Menschen dort weniger Brennmaterial wie Kohle oder Holz. Auch unterstützt die UEFA die Windparks Prony und Kafeate, die in abgelegenen Ortschaften der Pazifikinsel Neukaledonien durch erneuerbare Energie wesentlich zur Stromversorgung beitragen.

... oder Greenwashing?

Zudem wurden in den Gastgeberstädten Baku und Amsterdam 100.000 Bäume gepflanzt, die im Verlauf ihres Lebens geschätzte 45.000 Tonnen CO2 aus der Atmosphäre filtern sollen. Das außergewöhnliche Turnierformat schone zudem die Ressourcen, behauptet Uefa-Präsident Ceferin: "Es müssen weniger neue Stadien und entsprechende Verkehrsverbindungen gebaut werden."

Kritiker sprechen in diesem Zusammenhang von "Greenwashing". Man wolle sich also einen umweltfreundlichen Anstrich verleihen – die Veranstaltung bleibe aber sehr wohl umweltverschmutzend. Es lässt sich schwer schönreden, dass etwa der Sieger des Viertelfinals in Baku drei Zeitzonen durchfliegen, um zum Halbfinale in London anzutreten. (sid, red, mol, 10.6.2021)