Mit einem Sozialplan soll Personalabbau abgefedert werden. Der Arbeitgeber will dafür Rechtssicherheit.

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In wirtschaftlich schwierigen Zeiten sind Unternehmen immer wieder genötigt, eine größere Anzahl von Arbeitsverhältnissen aufzulösen. Trotz umfangreicher staatlicher Unterstützungsmaßnahmen zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie, einschließlich einer in mehreren Stufen adaptierten und verlängerten Kurzarbeitsregelung, konnten nicht alle Betriebe ihr Personal halten.

Um die Auswirkungen solcher "Massenkündigungen" möglichst sozialverträglich zu gestalten, bietet sich in Betrieben mit Betriebsrat der Abschluss eines Sozialplans an. Es handelt sich dabei um eine zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat abzuschließende Betriebsvereinbarung. Unter bestimmten Voraussetzungen kann allerdings ein Sozialplan vor einer staatlichen Einrichtung (der beim Arbeits- und Sozialgericht zu errichtenden "Schlichtungsstelle") auch gegen den Willen der anderen Seite durchgesetzt werden.

Breites Maßnahmenspektrum

Inhaltlich begründet ein Sozialplan in der Regel vor allem finanzielle Ansprüche der vom Verlust ihres Arbeitsplatzes betroffenen Arbeitnehmer, die über das gesetzliche Ausmaß hinausgehen. Daneben können darin aber auch Versetzungen, Wiedereinstellungszusagen, Dienstfreistellungen, Altersteilzeitmodelle, Umschulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen, Arbeitsstiftungen oder Outplacement und dergleichen geregelt werden. Das Spektrum der möglichen Sozialplanmaßnahmen ist sehr breit. Geldleistungen sind bis 22.000 Euro brutto steuerlich begünstigt.

Für Unternehmen ist ein Sozialplan vor allem dann vorteilhaft, wenn er die betrieblich notwendige Auflösung von Arbeitsverhältnissen erleichtert. Aufgrund des gesetzlichen Kündigungsschutzes werden nämlich Kündigungen von den betroffenen Arbeitnehmern häufig gerichtlich angefochten, insbesondere wenn diese mit einer längeren Arbeitslosigkeit zu rechnen haben. Für Arbeitgeber sind solche Gerichtsverfahren oft mit großem Zeitaufwand und erheblichen Rechtsvertretungskosten verbunden, die auch bei Prozessgewinn zu tragen sind (kein Kostenersatz).

Wer klagte, wurde ausgeschlossen

Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, wenn Arbeitgeber die Sozialplanleistungen jenen Arbeitnehmern vorbehalten wollen, welche die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses akzeptieren und von einem Gerichtsverfahren Abstand nehmen. Ob dies auch rechtlich zulässig ist, war Gegenstand einer aktuellen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH 29.04.2021, 9 ObA 9/21w).

Im konkreten Fall hatten Arbeitgeber und Betriebsrat die Anwendung des Sozialplans auf Arbeitnehmer eingeschränkt, deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer näher definierten Betriebsänderung einvernehmlich aufgelöst oder vom Arbeitgeber aufgekündigt wurde. Ausdrücklich ausgeschlossen waren jedoch Arbeitnehmer, wenn sie (oder der Betriebsrat) die Kündigung wegen Sozialwidrigkeit gerichtlich bekämpften.

Obgleich der Kläger seine Kündigung gerichtlich angefochten hatte (das Verfahren war noch anhängig), begehrte er die Zahlung einer freiwilligen Abfertigung nach dem Sozialplan. Er begründete dies damit, dass der Ausschluss von Arbeitnehmern aufgrund einer Kündigungsanfechtung gemäß § 879 ABGB gesetzwidrig und somit unwirksam sei.

Verweis auf frühere Entscheidung

Der OGH verwies zunächst auf eine frühere Entscheidung, die in der Literatur teilweise kritisiert worden war. Demnach dürfen im Sozialplan freiwillige Abfertigungen jenen Arbeitnehmern vorbehalten werden, die einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses zustimmen (29.03.2004, 8 ObA 77/03m). Es könne auch darauf abgestellt werden, auf welche Initiative die Beendigungsvereinbarung zustande gekommen ist.

Durch eine solche Vereinbarung werde verhindert, dass der Arbeitgeber einerseits Sozialplanleistungen zu erbringen hat, andererseits aber dem Risiko von Kündigungsanfechtungen ausgesetzt ist. Dasselbe gelte für den Ausschluss von Arbeitnehmern, die ihre Kündigung gerichtlich anfechten. Letztlich liege es im Interesse aller Beteiligten, durch eine solche Regelung Rechtssicherheit zu schaffen und den Rechtsfrieden zu wahren.

Diese Entscheidung ist für Unternehmen wichtig, weil sie die Möglichkeit zu einer risikoreduzierenden Gestaltung des Sozialplans bekräftigt. In den Verhandlungen mit dem Betriebsrat über einen Sozialplan sollten daher Arbeitgeber auf einer solchen Klausel bestehen. (Andreas Tinhofer, 11.6.2021)