Trinkt karibischen Rum, der per Segelschiff kommt: Josef Hader.

Lukas Beck

"Toxisch" ist so ein Modewort. Es taucht meist im Zusammenhang mit dem Begriff der Männlichkeit auf und beschreibt Zustände oder Verhaltensweisen, die auf den ersten Blick zwar keine unmittelbaren Auswirkungen auf Mitmenschen haben, unterschwellig und langsam aber dennoch einsickern und wirken, also giftig sind.

Toxisch ist in jederlei Hinsicht auch das Alter Ego des Kabarettisten und Schauspielers Josef Hader, das dieser nach Jahren hinter und vor der Kamera nun erstmals wieder in Form eines neuen Kabarettprogramms auf die Bühne bringt. "Hader on Ice" heißt der neue Solomonolog, und es ist das erste Programm seit "Hader muss weg" (2004) und dem Best-of "Hader spielt Hader" (2011). Am Donnerstag feierte "Hader on Ice" im Wiener Stadtsaal seine umjubelte Premiere, und es ist davon auszugehen, dass die Halbwertszeit des neuen Stücks auch diesmal lang angesetzt ist, man also genug Zeit haben wird, es irgendwann in den nächsten Jahren um Nuancen aktualisiert sehen zu können.

Schießgewehr und Karibikrum

Aber zurück zum Begriff des Toxischen: Hader spielt in diesem neuen Programm in gewisser Hinsicht die schlechteste Version seiner selbst, eine Unperson, die in jedem Menschen schlummert, sich nur nicht immer sofort als solche zu erkennen gibt. Haders Bühnen-Ich ist ein alternder Babyboomer aus dem Wiener Bobobezirk, der im Wohlstand badet, es sich am Zweitwohnsitz im Weinviertel ("die österreichische Toskana, genauso überschätzt") ein bisserl zu gemütlich gemacht hat und nun vor lauter Fadheit durch das Zielfernrohr seines Schießgewehrs Tiere im Wald beobachtet, sich aber schon auch vorstellt, welchen Mitmenschen er den Lauf gerne einmal anhalten würde.

In lichteren Momenten schaut er sich im STANDARD-Onlineforum um oder sucht nach Strategien, wie er seine immer kürzer dauernden Beziehungen zu immer jüngeren Frauen in den Griff bekommt. Fest im Griff hat Hader dabei jedenfalls sein Schnapsglas, aus dem er echten karibischen Rum trinkt, den er sich mit dem Segelschiff in die Alpenrepublik hat liefern lassen, weil er in der Pandemie nämlich eines gelernt hat: Umweltschutz! CO2-Ausstoß! Ab sofort nur noch ein Auto vor der Tür! Hybrid, klaro.

Katholisch vergiftet

Es dürstet den unglücklich Glücklichen also durchaus nach Reduktion des Toxischen, was aber nicht leicht ist, wenn einem die Probleme schon mit der katholischen Erziehung eingeimpft wurden. So bekennt Hader, dass die traumatische Erfahrung mit dem strafenden Heiligen Nikolaus als erste eingelernte Verschwörungstheorie durchgehen muss, die bis heute nachwirkt. Und auch die Streiche der Internatskollegen waren der späteren geistigen Gesundheit nicht gerade förderlich.

"Okay, Boomer", sagt sich Hader in stillen Momenten. Die Welt geht zwar wieder in Richtung Mittelalter – Seuchen, Enthauptungen, Botengänger! –, aber nach ihm kommt ohnehin nichts mehr. Selbst für die Weltrevolution, an die Haders Figur als problembewusster Mensch noch glaubt, müssten die Armen noch ärmer werden und dürften jedenfalls nicht so gut situiert sein wie sein Lieblingsbettler Jimmy, den er sich neuerdings als Diener hält.

Es ist also alles besprochen in diesem Gustostückerl der Hader'schen Bühnenkunst, mit dem der Kabarettist seiner eigenen, satten Generation die zynische Abgeklärtheit um die Ohren wirft. Klare Empfehlung. (Stefan Weiss, 12.6.2021)