Eine Aufnahme der Abschlusskundgebung der "Mayday"-Demo am 1. Mai im Wiener Votivpark.

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Zunächst verlief der 1. Mai heuer überdurchschnittlich ruhig. Am eigentlich traditionell stärksten Demo-Tag des Jahres waren pandemiebedingt viel weniger Menschen auf der Straße unterwegs als üblich. Vor allem die groß angekündigte Corona-Demonstration konnte nur mit einer verschwindend geringen Teilnehmeranzahl auftrumpfen und verlief nach kurzer Zeit im Sand.

Eine der größten Demos an diesem Tag wurde vom "Mayday"-Bündnis unter dem Motto "Kapitalismus ist die Krise, soziale Kämpfe verbinden" veranstaltet. Die Teilnehmer zogen von Ottakring in den Votivpark. Dort kam es dann zu Zwischenfällen mit der Polizei. Die Exekutive setzte Pfefferspray ein, auch die Hundestaffel war im Einsatz. Neben den Demoteilnehmern kritisierten auch SPÖ und Grüne den Einsatz als unverhältnismäßig. Die Polizei hingegen sprach von gewaltbereiten Demonstranten.

Festnahme gefilmt

Es kam zu mehreren Festnahmen und verletzten Demonstranten und Polizisten. In einigen Fällen wird der Einsatz wohl ein gerichtliches Nachspiel haben. Wie zum Beispiel im Fall von Jan N.: Der 24-Jährige filmte eine Festnahme, bei der mehrere Beamte am Boden knieten. Währenddessen soll eine Person einen Beamten getreten haben. Es entstand ein Tumult. Im Zuge dessen wurde N., der laut seinem Anwalt etwa acht Meter von der Amtshandlung entfernt stand, plötzlich von einem Polizisten überrannt und zu Boden gebracht. Dabei erlitt er Abschürfungen, wie auch der Amtsarzt feststellte.

Offenbar dachten die Beamten, er sei derjenige gewesen, der den Tritt gegen einen Kollegen gesetzt hatte. Und das, so der Vorwurf, obwohl N. durch seine Kleidung und Frisur ein ganz anderes Erscheinungsbild abgab als der mutmaßliche Treter. Er verbrachte daraufhin drei Tage im Gefängnis, ihm wurden Widerstand gegen die Staatsgewalt sowie versuchte schwere Körperverletzung vorgeworfen, wie "Heute" zuerst berichtete.

Offizielle Beschwerde

Der bereits eingebrachte Strafantrag der Staatsanwaltschaft, weshalb bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe gedroht hätten, wurde mittlerweile zurückgezogen. Doch damit ist die Sache noch nicht abgeschlossen: Denn N. machte bereits kurz nach seiner Festnahme darauf aufmerksam, dass er sein eben zuvor durch ihn selbst angefertigtes Videomaterial hat, das ihn entlasten würde. Dass er das getan hat, wurde selbst im Protokoll seiner Beschuldigtenvernehmung festgehalten. Doch die Polizei habe, so der Vorwurf, dieses Video weder gesichtet noch sichergestellt. Das soll dazu geführt haben, dass die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Untersuchungshaft stellte. Ob diese Kenntnis von der Existenz des Videomaterials hatte, ist noch nicht klar.

N. hat nun Maßnahmenbeschwerde beim Verwaltungsgericht eingereicht, die dem STANDARD vorliegt. Er beschwert sich über die Festnahme an sich, und ebenso über seine erkennungsdienstliche Behandlung. So wurde ihm etwa ein DNA-Abstrich abgenommen, zudem musste er sich im Zuge einer Leibesvisitation vollständig entkleiden, was aufgrund mangelnder rechtlicher Grundlagen ebenso rechtswidrig gewesen sein soll. Ebenso erstattete der 24-Jährige Einspruch bei der Staatsanwaltschaft aufgrund der Anhaltung im Gefängnis und dem Antrag auf Verhängung der Untersuchungshaft, weil dieser aus seiner Sicht rechtswidrig war. (Vanessa Gaigg, 13.6.2021)