Unbezahlte Pflichtpraktika sind im Pflege- und Sozialbereich keine Seltenheit.
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Nah an der Praxis auszubilden ist ein besonderes Merkmal eines Fachhochschulstudiums – eine berufsbildende Ausbildung auf Hochschulniveau sozusagen. Dafür müssen FH-Studierende verpflichtend mindestens ein Berufspraktikum während des Bachelors absolvieren. Bei Masterprogrammen sind Pflichtpraktika eher die Ausnahme.

Das Berufspraktikum im Rahmen eines FH-Studiums dauert in der Regel ein Semester. Während dieser Zeit müssen Studierende auch keine anderen Lehrveranstaltungen besuchen. Wer berufsbegleitend studiert, kann sich seine Tätigkeit auch als Praktikum anrechnen lassen, sofern der Job in einer studienspezifischen Branche ist.

Ob ein Praktikum bezahlt wird, hängt laut Arbeiterkammer davon ab, ob es sich um ein Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis handelt. Dabei sei nicht die Bezeichnung des Vertragsverhältnisses relevant, sondern die konkrete Ausgestaltung des Tätigkeitsverhältnisses. Beim Berufs-/Pflichtpraktikum im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses gelten alle arbeitsrechtlichen Bestimmungen wie Entlohnung, Urlaubsanspruch, Arbeitszeitregelungen.

Steht hingegen der Ausbildungszweck im Vordergrund, gebührt laut Wirtschaftskammer kein reguläres Arbeitsentgelt, ob ein Taschengeld bezahlt werde und wie hoch dieses ausfällt, unterliegt der freien Vereinbarung. Genau diese Unterscheidungen sorgen bei Studierenden im Sozial- und Gesundheitsbereich für Unmut. Denn auch sie müssen während ihres dreijährigen Studiums im Durchschnitt in Summe 46 Wochen Praxis leisten – eine Bezahlung für diese Tätigkeiten gibt es aber in den meisten Fällen nicht. Unbezahlte Pflichtpraktika sind im Pflege- und Sozialbereich gang und gäbe.

Unbezahlte Pflichtpraktika

Fünf Studierende des Studiengangs Journalismus und Medienmanagement (Kristina Leitner, Gustav Knudsen, Christina Inreiter, Denise Meier und Nicole Oirer) der FH WKW haben sich im Rahmen ihres Studiums näher mit der Situation der Studierenden im Gesundheitswesen auseinandergesetzt und eine Online-Umfrage durchgeführt, an der von April bis Mai über 1000 Studierende teilgenommen haben.

Das Ergebnis: 98 Prozent der teilnehmenden Studierenden – der Großteil von ihnen (696) ist im Studiengang Gesundheits- und Krankenpflege eingeschrieben – erhielten für ihre berufspraktische Arbeit keine Entlohnung. Immerhin 14 Personen gaben an, bis zu 100 Euro zu erhalten, acht Personen sagten, bis zu 500 Euro für ihre Arbeit bekommen zu haben. Dabei gaben mehr als die Hälfte an, ihre Aufgaben mehr oder weniger selbstständig ausgeführt zu haben. Acht Prozent gaben an, ihre Arbeiten vollkommen selbstständig zu machen. Daher sprachen sich auch 95 Prozent der Befragten gegen die Nichtbezahlung im Rahmen der Praktika aus.

Wohl auch deshalb, weil knapp ein Drittel der Befragten laut der Umfrage neben dem Studium für den Lebensunterhalt arbeiten muss, mehr als die Hälfte werde, von den Familien unterstützt. Gänzlich ohne finanzielle Hilfe müssen gut 14 Prozent der Teilnehmenden auskommen. Für sie sei es besonders schwierig, über die Runden zu kommen.

DER STANDARD

Auch Leokadia Grolmus, Studierende des Bachelorstudiums Soziale Arbeit, ist die unbezahlte Arbeit ein Dorn im Auge. Studierende, die nebenbei auch für ihren Unterhalt arbeiten müssen, sind während der Praktikumsphasen besonders gefordert. Das zeitlich zu vereinbaren sei laut der Studentin nicht möglich. Unter #ZukunftPraktikum auf der Plattform mein.aufstehn.at hat sie daher eine Petition gestartet, um das Thema breiter zu diskutieren und im besten Fall für Entlohnung zu sorgen. (Gudrun Ostermann, 14.6.2021)