Das nordafrikanische Land erlebt seit dem Beginn der Massenproteste gegen Bouteflika im Frühjahr 2019 immer wieder Demonstrationen gegen die politische Führung.

Foto: AFP/RYAD KRAMDI

Algier – Mehr als zwei Jahre nach dem Sturz von Langzeitherrscher Abdelaziz Bouteflika wählen die Algerier erstmals ein neues Parlament. Die Regierung hofft, mit der Abstimmung an diesem Samstag Vertrauen gewinnen zu können.

Präsident Abdelmadjid Tebboune hatte das noch unter Bouteflika gewählte Parlament im Februar nach erneuten Protesten aufgelöst und die Neuwahl vorgezogen. Anhänger der Regierung sehen darin einen wichtigen Schritt in Richtung eines politischen Wandels.

Gegner der Regierung fordern hingegen viel weitreichendere Reformschritte und wollen vor allem die bisherige politische Elite entmachten. Seit Monaten protestieren immer wieder Tausende Menschen für mehr Demokratie und den Rückzug des Militärs aus der Politik. Sie sehen ihre Forderungen durch die jetzige Wahl nicht erfüllt.

Viele Anhänger der Protestbewegung sowie Politiker der Opposition wollen die Wahl deshalb boykottieren. Die Demonstranten betrachten die Führung als Fortsetzung des alten Systems unter Bouteflika, der mit Unterstützung des Militärs 20 Jahre an der Macht war.

Willkürliche Verhaftungen

Kurz vor der Wahl wurden nach Angaben von Amnesty International zwei prominente Journalisten und ein Oppositionspolitiker festgenommen. Die Organisation sowie auch die UN kritisieren schon seit längerem willkürliche Verhaftungen von Aktivisten und Journalisten im Land.

In den 1990er Jahren herrschte in Algerien ein erbitterter Bürgerkrieg, bei der sich Regierung und Islamisten bekämpften. In der als "schwarzes Jahrzehnt" bezeichneten Zeit starben je nach Schätzungen zwischen 60.000 und 150.000 Menschen. Heute gilt Algerien in der Region als relativ stabil.

Algeriens Parlament hat 407 Sitze und ist für die Gesetzgebung im Land verantwortlich. Zur Wahl stehen unter anderem Kandidaten säkularer und islamistischer Parteien. Gut 24 Millionen Algerier sind zur Stimmabgabe aufgerufen. Es wird mit einer geringen Wahlbeteiligung gerechnet. Vorläufige Ergebnisse werden am Montag erwartet. Ursprünglich waren die Parlamentswahlen für Mai 2022 vorgesehen. (APA, 12.6.2021)