Es wird wieder ein bisschen bunter am heimischen Smartphonemarkt. Nache Oneplus und Realme ist mit Vivo nun der dritte Hersteller unter dem Dach der mächtigen BBK Electronics-Holding in Österreich angekommen. Vivo ist beileibe kein Neuling, sondern wird von Marktforschern wie Canalys oder Counterpoint Research mit einem Marktanteil von zehn Prozent bereits als Nummer 5 am globalen Markt eingestuft.

Als Flaggschiff für Österreich hat man das Vivo x60 Pro auserkoren. Mit einem Preis von rund 800 Euro konkurriert es vorwiegend mit Xiaomi und Oneplus. Auf dem Papier bringt das Handy ein recht starkes Paket mit.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Handliches Flaggschiff

Man liefert ein 6,6-Zoll-Display (2376 x 1080 Pixel) mit AMOLED-Panel, 120 Hz-Wiedergabe und HDR10+-Unterstützung. Und an der Darstellungsqualität lässt sich auch nichts aussetzen. Einzig und allein in Sachen Helligkeit und Entspiegelung ist es Bildschirmen, wie sie etwa Samsung liefert, etwas unterlegen. Auf geteilte Ansichten könnten auch die seitlich abgerundeten Kanten stoßen, auch wenn die Software relativ gut darin ist, unabsichtliche Eingaben als solche zu erkennen und auszufiltern. Der unter dem Display sitzende Fingerabdruckscanner arbeitet flott und fast immer zuverlässig, zu Fehlerkennungen kommt es selten.

Für ein modernes Flaggschiff ist das x60 Pro ziemlich handlich. Es misst 158,6 x 73,2 x 7,6 Millimeter und wiegt vertretbare 180 Gramm. Besagte Kanten machen es aber in manchen Situationen zu einer Herausforderung, das Telefon bequem zu halten – beispielsweise wenn man es im Querformat hält, um zu spielen. Die matt in allen Farben glänzende Rückseite (Farbvariante "Shimmer Blue") ist zum Glück nicht besonders rutschig, sodass generell keine erhöhte Absturzgefahr besteht. Wer auf Nummer Sicher gehen will, kann aber die beigelegte, transparente Silikonhülle anlegen.

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Apropos Lieferumfang: Hier beschert Vivo Käufern ein komplettes Paket. Neben der Hülle liegen auch ein Quick Charge-Ladegerät, ein USB-C-Kabel, ein 3,5mm-Klinke-auf-USB-C-Adapter sowie Ohrhörer (3,5mm) nebst Silikonstöpseln in verschiedenen Größen bei. Die Hörer erfinden zwar das Rad nicht neu, liefern aber soliden Klang und sehen zumindest nicht aus, wie ein Earpod-Klon. Wie aufmerksame Leser an dieser Stelle vermutlich schon bemerkt haben, gibt es keinen Klinkenanschluss am Handy selbst.

Guter Performances, unaufdringliche Firmware

Wie für aktuelle Flaggschiffe üblich, beherrscht das Handy 5G. Dazu gibt es auch Wifi 5 (802.11ac) sowie Bluetooth 5.1 und NFC. Es gibt zwei nanoSIM-Slots, allerdings keine Möglichkeit, den Speicher mittels microSD-Karte zu erweitern. Mit 256 GB fällt der Onboardspeicher aber ohnehin recht üppig aus.

Das Rechenherz bildet ein Qualcomm Snapdragon 870, dem 12 GB RAM zur Seite gestellt wurden. Im Prinzip handelt es sich um eine etwas verbesserte Variante des letztjährigen Modells 865. In Prozessor- und Grafikbenchmark (Geekbench bzw. 3DMark) ordnet er sich erwartungsgemäß zwischen diesem und dem derzeitigen Topmodell Snapdragon 888 ein. Die rechnerische Leistungsdifferenz bewegt sich um die 10 Prozent.

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Das ist nicht nur für alle erdenklichen Alltagszwecke mehr als genug, sondern in der Praxis auch für Spiele und andere grafisch intensive Anwendungen. Bei ausgiebigem Spielen anspruchsvollerer Titel wie etwa Asphalt 9 neigt das Handy allerdings dazu, auch auf der Außenseite teils unangenehm warm zu werden.

Vorinstalliert ist Vivos eigene Android-Variante Funtouch OS, basierend auf Android 11. Diese zeigt sich angenehm unaufdringlich, was Anpassungen gegenüber "Vanilla Android" angeht. Es gibt auch nicht viel zusätzlich installierte Apps. Ergänzt wurden lediglich Netflix und ein Systemdashboard bzw. Sicherheitstool namens "iManager" sowie ein Link zur Website von Vivo. Das System bringt aber Zusatzfunktionen wie den "Ultra-Spielmodus" mit.

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Dieser erkennt, wenn ein Spiel gestartet wird (manuelle Zuweisung ist ebenfalls möglich) und schanzt diesem mehr Systemressourcen zu. Dazu kann er Benachrichtigungen unterdrücken, die Drei-Finger-Geste für Screenshots ausschalten sowie Farbkontraste verstärken. Er soll auch Soundverbesserungen bringen, was sich allerdings nicht nachvollziehen ließ.

Zusätzlich ist es auch möglich, einen kleinen Teil des Onboardspeichers als RAM-Erweiterung zu verwenden. Welchen Vorteil dies angesichts der ohnehin guten Bestückung bieten soll, erschließt sich nicht. Weitere zusätzliche Funktionen von Funtouch OS sind auf kosmetische Elemente beschränkt. Wer will kann so gut wie jede Systemanimation ändern oder abdrehen.

Darüber hinaus erscheint Funtouch OS gut optimiert zu sein. Wie es Vivo mit regelmäßigen Updates hält, bleibt abzuwarten. Das Testgerät verfügte über den Sicherheitspatch von April und erhielt während des Rezensionszeitraumes keine Aktualisierung. Generell gilt für dieses Handy ein Versprechen von zwei Android-Versionen, es sollte also zumindest Android 12 und 13 erhalten. Allen ab kommenden Juli erscheinenden Geräten will der Hersteller sogar drei Versionssprünge bescheren.

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Starke Kamera mit kleineren Schwächen

Großes Augenmerk hat Vivo auf die Kamera mit Zeiss-Branding gelegt. Das x60 Pro bringt ein Triple-Modul mit. Der Hauptsensor liefert Weitwinkelaufnahmen mit 48 Megapixel, dazu kommen zwei 13-MP-Sensoren mit Telefoto- und Ultraweitwinkel-Linsen. Einer davon ist für den angebotenen, zweifachen optischen Zoom zuständig. Besonders angepriesen wird vonseiten des Herstellers jedoch die "Gimbal"-Stabilisierung des Hauptsensors, die bessere Ergebnisse liefern soll, als "traditionelle" optische Bildstabilisierung.

Das ließ sich im Test bestätigen. Dass der Sensor gut "ruht", erleichtert die Aufnahme scharfer Fotos und auch Videos gelingen beinahe frei von "Verwackelungen". Der Unterschied zu gut implementierter, "herkömmlicher" optischer Stabilisierung ist allerdings gering. Bei Bewegtbildaufnahmen kann man zusätzlich auch noch elektronische Bildstabilisierung hinzuschalten. Dessen Mehrwert rechtfertigt allerdings den Verlust an Bildqualität durch den kleineren Aufnahmebereich nicht.

Fotos gelingen fast eine Spur zu farbenfroh und detailreich. Einzig feinere Strukturen in der Distanz leiden etwas unter der Nachschärfung des Postprocessings. Häufig ist das aber nur bemerkbar, wenn man sehr genau hinsieht oder in ein Bild hineinzoomt. Mit Gegenlicht und größeren Hell-Dunkel-Unterschieden kommt die Kamera im Allgemeinen gut klar. Auch unter erschwerten Lichtbedingungen leidet die Bildqualität nur geringfügig.

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Die Farbabstimmung zwischen den drei Sensoren ist gut umgesetzt. Die Ultraweitwinkelkamera liefert eine geringfügig höhere Farbintensität, die Telefotokamera hingegen arbeitet mit einem Farbprofil, das eine Spur wärmer ist. Speziell Letzteres fällt in der Praxis nicht wirklich auf.

Die Kamera-Software ist funktional gehalten. KI-Szenenoptimierung ist standardmäßig aktiviert. Sie abzudrehen sorgt teilweise für etwas dezentere Farben in den Aufnahmen. Geboten werden auch eine Reihe von zusätzlichen Modi. Darunter natürlich auch ein Nachtmodus. Der scheint etwas langsamer zu arbeiten, als bei manchen Konkurrenten, was das Risiko schlechterer Aufnahmeschärfe erhöht. Davon abgesehen sind die Resultate aber von hoher Qualität und durchaus mit dem Output wesentlich teurerer Spitzensmartphones messbar.

Die Frontkamera bietet eine Auflösung von 32 MP. Sie liefert gute, aber etwas "blassere" Farbdarstellung und bietet auch nicht ganz den Detailgrad der Hauptkameras. Im Porträtmodus hat sie zudem ihre liebe Mühe mit der Unterscheidung von Motiv und Hintergrund. Hier darf man aber immerhin auf softwareseitige Verbesserungen hoffen.

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Akustik und Akku

In akustischen Belangen hinkt das Vivo x60 Pro leider etwas hinterher. Während beinahe alle Geräte in dieser Preisklasse mittlerweile Stereo-Lautsprecher mitbringen, verfügt dieses Telefon zur Beschallung nur über einen Mono-Speaker auf der Unterseite. Der scheppert zwar auch bei hoher Lautstärke nicht liefert für seine Verhältnisse brauchbaren Klang, hier hätte man aber dennoch mehr erwarten dürfen.

Besser sieht es bei der Telefonie aus. Das Gegenüber ist mit leichtem Rauschen unterlegt und minimal verzerrt, aber dennoch gut verständlich. Gleichzeitig ist man selbst in guter Qualität wahrnehmbar und die Geräuschunterdrückung leistet – mit kleineren Aussetzern – guten Dienst.

Vivo hat das Handy mit einem Lithium-Polymer-Akku bestückt, der eine Kapazität von 4200 mAh mitbringt. Er kann mit bis zu 33 Watt schnellgeladen werden. Binnen einer halben Stunde ließ sich der Akku von 31 auf 89 Prozent aufladen. Annäherungsweise ist eine volle Aufladung in etwa 50 Minuten realistisch. Mit einer solchen kommt man auch bei intensiverer Verwendung gut durch den Tag, inklusive etwas Reserven. Für "Durchschnittsnutzer" erscheinen zwei Tage Verwendung realistisch. Leider nicht dabei, in diesem Segment aber definitiv auf der Wunschliste, ist Wireless Charging.

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Fazit

Das Vivo x60 Pro macht vieles richtig und ist dabei auch eines der (vergleichsweise) kompaktesten Flaggschiff-Smartphones der jüngeren Vergangenheit. Die abgerundeten Seitenkanten sind wohl nicht jedes Nutzers Geschmack und auch das Fehlen von Stereo-Lautsprechern und Wireless Charging schmerzt etwas.

Dafür liefert das Handy aber starke Performance, eine optisch unaufdringliche und gut optimierte Firmware und eine Kamera, die über weite Strecken wirklich überzeugt, obwohl man einen Hauptsensor mit vergleichsweise geringer Auflösung nutzt. (Georg Pichler, 13.6.2021)

Testfotos

Bei allen Fotos war die automatische KI-Bildoptimierung eingeschaltet. Zur Ansicht der Originaldatei bitte die Bildbeschreibung anklicken!

Tageslicht
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Tageslicht
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Tageslicht, Ultraweit (0,6x)
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Tageslicht, Weitwinkel (1x)
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Tageslicht, Telefoto (2x)
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Tageslicht
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Tageslicht
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Frontkamera
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Kunstlicht
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Nachtaufnahme
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