Wöginger sieht einen gezielten Versuch, die "Mehrheitsverhältnisse" im Land zu verändern.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Linz/Wien – Die ÖVP hat am Sonntag noch einmal ihr Nein zu dem – von den Grünen begrüßten – SPÖ-Vorschlag nach einer Erleichterung bei der Erlangung der Staatsbürgerschaft untermauert. "Die Links-Parteien wollen mittels Masseneinbürgerungen die politischen Mehrheitsverhältnisse im Land ändern", warf ÖVP-Klubobmann August Wöginger der SPÖ, den Grünen und den Neos am Sonntag vor. Die Neos reagierten prompt mit einer Richtigstellung, die Partei lehne den SPÖ-Vorschlag ab. In den Sozialen Medien herrschte indes Empörung über die Wortwahl Wögingers, da diese an rassistische Verschwörungsmythen, die von rechtspopulistischen Parteien und rechtsextremen Gruppierungen propagiert werden, erinnere.

Wöginger behauptet in seiner Aussendung, dass es "den linken Parteien es in Wirklichkeit einzig und alleine darum geht, ein Ausländerwahlrecht durch die Hintertür einzuführen und mithilfe von über 500.000 Einbürgerungen eine potenziell neue Wählerschaft zu generieren, die ihnen in Folge eine parlamentarische Mehrheit sichern soll", so der Klubobmann, der von einem "durchschaubaren Vorstoß der SPÖ" spricht.

Auch FPÖ und Kurz dagegen

Die FPÖ Steiermark begrüßte Wögingers Worte folgendermaßen: "Endlich übernimmt die ÖVP das FPÖ-Wording". Unterdessen plädierte Oberösterreichs FPÖ-Landesparteichef Manfred Haimbuchner am Sonntag für Verschärfungen. Ein "mindestens 25-jähriger rechtmäßiger und ununterbrochener Aufenthalt in Österreich" müsse vorliegen, damit die Voraussetzungen erfüllt sind.

ÖVP-Chef und Bundeskanzler Sebastian Kurz hatte bereits am Vortag jeder Erleichterung eine Absage erteilt. Zuvor hatte sich der Koalitionspartner der ÖVP – in Person von Vizekanzler Werner Kogler – klar für derartige Lockerungen ausgesprochen.

Die ablehnende Haltung des Kanzlers zum SPÖ-Vorschlag ist insofern überraschend, da er einst einen ähnlichen Vorschlag vorgebracht hatte: "Wer sehr gut integriert ist, bekommt die Staatsbürgerschaft in Zukunft nach sechs Jahren," sagte 2013 der damalige Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz.

SPÖ-Vorschlag für Erleichterungen

Der vergangenen Mittwoch präsentierte Vorschlag der SPÖ sieht einen Rechtsanspruch auf die Staatsbürgerschaft nach sechs Jahren rechtmäßigem Aufenthalt vor – sofern alle weiteren Kriterien erfüllt sind. Bei kurzfristigen Unterbrechungen des Aufenthalts – bis hin zu einem Auslandssemester – soll diese Zeit nachgeholt werden können und nicht dazu führen, dass die Frist von neuem zu laufen beginnt.

Wenn ein positiver Asylbescheid erfolgt, soll die Wartezeit angerechnet werden. Bei negativer Entscheidung des Asylverfahrens hingegen soll es keine Möglichkeit zur Beantragung einer Staatsbürgerschaft geben, auch wenn sechs Jahre vergangen sind. In Österreich geborene Kinder sollen automatisch die Staatsbürgerschaft bekommen, sofern zumindest ein Elternteil fünf Jahre legal im Bundesgebiet aufhältig ist.

Deutsch: "Skandal-Kanzler Kurz"

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch wies Wögingers Kritik als "Angstmache" und "Desinformation" zurück: Die ÖVP habe kein Interesse an Lösungen von Problemen, sondern versuche mit "billiger Polemik und gezielter Desinformation" von eigenen Skandalen abzulenken: Das Verbreiten von Unwahrheiten ist ein Muster der Rechtspopulisten und zeigt, wie tief die einst staatstragende Partei ÖVP unter Skandal-Kanzler Kurz gesunken ist."

Leichte Skepsis kam am Sonntag aber auch SPÖ-intern: Der steirische SPÖ-Landesparteichef und Landeshauptmann-Stellvertreter Anton Lang sagte gegenüber der "Kleinen Zeitung", dass er nicht mit jedem Punkt im SPÖ-Beschluss einverstanden sei, allen voran mit dem Paradigmenwechsel, dass in Österreich Geborene automatisch die Staatsbürgerschaft erhalten sollen. "Für mich absoluten Vorrang hat die Integration jener, die schon da sind". Einverstanden ist er demnach mit dem Senken der Wartefrist für Einbürgerungen (von zehn auf sechs Jahre). Auch die gebührenfreie Beantragung findet seine Zustimmung.

Die SPÖ-nahen Kinderfreunde hingegen stellten sich klar hinter die Forderung: "Für uns ist es selbstverständlich, dass Kinder, die hier geboren sind und ihr gesamtes Leben in Österreich verbracht haben, das Recht haben, hier in ihrem Land mitzubestimmen", erklärt Bundesvorsitzender Christian Oxonitsch. Damit sei auch klar, dass diese Kinder das Recht auf die österreichische Staatsbürgerschaft hätten und alle Hürden auf dem Weg dahin abgebaut werden müssten. (fmo, APA, 13.6.2021)