Euro-Ticker: Schottland vs. Tschechien, Polen vs. Slowakei und Spanien vs. Schweden, Mo., ab 15 Uhr

Dass sich das Match im Hampden Park halbwegs auf Augenhöhe abspielt, zeigt die Weltrangliste. Die Tschechen sind 40., nur vier Plätze dahinter rangieren die Gastgeber. Bäume werden demnach wohl keine ausgerissen werden.

12. November 2020: Das schottische Team stürmt zur ersten EM seit 25 Jahren – nach einem erfolgreichen Elferschießen im Qualifikations-Playoff gegen Serbien in Belgrad.
Foto: imago images/Aleksandar Djorovic

Für die Schotten spricht der Vorteil im Heimstadion der Glasgow Rangers. 12.000 durch den Lockdown Fußballentwöhnte bekommen die Chance, "als Nation zu feiern", wie John Carver sagte, der Assistent von Coach Steve Clarke, der das Trainerhandwerk unter anderem beim Portugiesen José Mourinho erlernte.

Auftritt der Tartan Army

1998 bei der WM in Frankreich waren die Schotten zum letzten Mal dabei, zwei Jahre zuvor bei der EM in England. "Wir haben uns so lange nicht qualifiziert, also wollen wir unser Bestes versuchen. Ich freue mich, wenn die Tartan Army durchdreht." Tartan Army nennen die Schotten nach dem Tartan-Muster der Kilts ihre Fans. An den Spielern soll das Durchdrehen nicht scheitern. "Egal wen ich aufstelle, von allen erwarte ich, dass sie ihr Land fantastisch vertreten", verspricht Trainer Clarke.

An Glasgow haben die Tschechen keine so gute Erinnerung. Ondřej Kolář, Torhüter im Team und daheim bei Slavia Prag, wurde im heurigen Europa-League-Viertelfinale gegen die Rangers – allerdings von einem Engländer – auf eine Mordversuch-ähnliche Weise niedergetreten und erlitt einen Stirnhöhlenknochenbruch.

Mittlerweile ist er rekonvaleszent, im EM-Kader und tritt mit Titanmaske und Rugbyhelm auf – eine Erinnerung an den großen Petr Čech. Das Tor ist jedenfalls zur Problemzone geworden. Dem Einser, Tomáš Vaclík vom FC Sevilla, sollte nichts passieren. Denn Jiři Pavlenka, Tormann von Werder Bremen, musste wegen Rückenproblemen passen. Nachnominiert wurde Tomáš Koubek vom FC Augsburg.

Eins gegen eins

Jaroslav Šilhavý, Rekordspieler der tschechoslowakischen und tschechischen Liga und seit 2018 Trainer der Tschechen, fürchtet nicht nur die Robustheit der großgewachsenen schottischen Abwehr. "Sie sind schnell im Konter, und die Stürmer schließen mit individuellen Eins-gegen-eins-Situationen ab. In unserem letzten Auswärtsspiel gegen Schottland hatten wir viele Chancen, die wir nicht genutzt haben, und der Gegner hat uns mit einem einzigen Tor bestraft."

Gespielt hat man bisher erst 19-mal, bei einer EM noch gar nicht. Als Tschechische Republik war man immer qualifiziert, 1996 sogar im Finale. Als Tschechoslowakei wurde man 1976 – wir erinnern uns: Antonin Panenkas Elferlupfer gegen Deutschlands Keeper Sepp Maier – Europameister.

Die Beziehung zwischen den Tschechen und den Schotten reicht bis an den Beginn des 20. Jahrhunderts zurück. Die Länder der Wenzelskrone strebten einen ballesterischen Status wie die Schotten in Großbritannien an, einen, den ja auch die Ungarn hatten, die ein eigenständiger Verband waren von Anfang an.

Ironischerweise legten sich ausgerechnet zwei Böhmen quer: der in Maleš ov/Maleschau geborene Tausendsassa des Fußballs, Hugo Meisl, und der in Vysoká Libyně/Hochlibin auf die Welt gekommen Ignaz Abeles, Wiener Fußballpräsident. 1908 tagte der Kongress des Weltverbandes Fifa in Wien, da tat man den Wienern halt den Gefallen.

Schotte in Prag

Dafür wurde in Prag bald schon schottisch Fußball gespielt. Ein gewisser John William Madden, ein früherer schottischer Profi, machte als Coach zwischen 1905 und 1930 die Slavia zu einer führenden europäischen Mannschaft. 1920 übernahm John Dick, der von 1912 an schon den Deutschen Fußballklub Prag trainierte, die Sparta.

Mit schottischer Hilfe also wurde Prag zu einer der herrlichen Fußballstädte des Kontinents. Gewissermaßen zu einer Schwester von Glasgow, wo 1872 die Geschichte der Länderspiele begonnen hatte.

12. November 2020: Das schottische Team stürmt zur ersten EM seit 25 Jahren – nach einem erfolgreichen Elferschießen im Qualifikations-Playoff gegen Serbien in Belgrad. (Wolfgang Weisgram, 14.6.2021)

Mögliche Aufstellungen zum Fußball-EM-Spiel Schottland – Tschechien am Montag in Glasgow:

Gruppe D, 1. Runde:

Schottland – Tschechien (Glasgow, Hampden Park, 15.00 MESZ/live ORF 1, SR Daniel Siebert/GER):

Schottland: 1 Marshall – 24 Hendry, 5 Hanley, 6 Tierney – 2 O'Donnell, 4 McTominay, 8 McGregor, 7 McGinn, 3 Robertson – 9 Dykes, 10 Adams

Ersatz: 12 Gordon, 21 McLaughlin – 13 Taylor, 15 Gallagher, 16 Cooper, 22 Patterson, 26 McKenny, 14 Fleck, 17 Armstrong, 18 Turnbull, 20 Fraser, 23 Gilmour, 25 Forrest, 11 Christie, 19 Nisbet

Tschechien: 1 Vaclik – 5 Coufal, 3 Celustka, 6 Kalas, 18 Boril – 15 Soucek, 7 Barak – 12 Masopust, 8 Darida, 14 Jankto – 10 Schick

Ersatz: 16 Mandous, 16 Koubek – 2 Kaderabek, 4 Brabec, 9 Holes, 17 Zima, 22 Mateju, 13 Sevcik, 21 Kral, 25 Pesek, 26 Sadilek, 11 Krmencik, 19 Hlozek, 20 Vydra, 24 Pekhart

Es fehlt: 23 Pavlenka (verletzt)