Thomas Prenn in Evi Romens preisgekröntem "Hochwald".

Foto: Amour Fou Film

Das ist eine schöne Landschaft." Mit diesem dem ersten Anschein nach unverdächtigen Satz beginnen in Ramsau am Dachstein ironische Beschreibungen von Bildern, die ihre Haltbarkeit bewiesen haben. Weiter geht es etwa so: "Das ist eine schöne Landschaft, in der die Frauen sich dort befinden, wo sie hingehören, nämlich ins Haus." Ramsau am Dachstein (1976) gehörte zur ORF-Reihe Vielgeliebtes Österreich, das Skript stammte von Elfriede Jelinek, die auch selbst auftritt. Der von Claus Homschak realisierte Film ist eine Trouvaille der Kulturkritik.

Nicht nur zeugt er davon, zu welch klugen Betrachtungen der Sender in der Lage war; die Betrachtung von falschen Tourismusidyllen, in der das Landleben zum gut verkaufbaren Klischee gerinnt, ist auch weiterhin gültig. Auf der Diagonale lief die Arbeit in einem Special zum 75. Geburtstag der Schriftstellerin, der im Oktober ansteht.

Wiedergewonnene Öffentlichkeit

"Das ist eine schöne Landschaft" – so könnte man auch über jene des heimischen Films nachzudenken beginnen. Auf dem Grazer Festival war die Freude über die wiedergewonnene Öffentlichkeit groß. Angesichts der langen Corona-Durststrecke war es besonders wichtig, Filme vor Publikum zu präsentieren. Wichtig war es aber auch, "andere" Bilder von Österreich (und darüber hinaus) in Umlauf zu bringen; solche, die Fragen stellen wie Johannes Gierlingers Essayfilm Die vergangenen Zukünfte, den die Wirksamkeit von Protestformen beschäftigt. Oder – indirekter, persönlicher – Weina Zhaos und Judith Benedikts Weiyema. Ein Heimatfilm, in dem die chinesischstämmige Regisseurin ihre bewegende Familiengeschichte freilegt.

Mit Aufzeichnungen aus der Unterwelt von Tizza Covi und Rainer Frimmel wurde am Sonntag dann einer der Favoriten ausgezeichnet, der beim Publikum viel Zuspruch fand. Das Regieduo spürt im Meidling der 1960er-Jahre eine Variante des Kleingangstertums auf und damit eine Geschichte wilder "Reibereien", oft unter Mitwirkung der Polizei. Das Ganze eskalierte zum veritablen Bandenkrieg.

Erzählt wird diese Schwarz-Weiß-Hommage an eine versunkene Halbwelt durch die Erinnerungen Beteiligter. Ohne etwas zu beschönigen, erfreut sich der Film am Charme dieses Milieus. Wehmut kommt nur in den Wienerliedern auf, die einer der Protagonisten, Kurt Girk, der "Sinatra von Ottakring", immer noch mit Inbrunst singt.

"Heimatfilm" voller Differenzen

Evi Romens Hochwald, zum besten Spielfilm erkoren, führt Tradition und moderne Lebensrealitäten zusammen. Ein "Heimatfilm" voller Differenzen: oben und unten, innen und außen. Der sexuell fluide Mario (Thomas Prenn) ist in seinem Südtiroler Bergdorf ein bunter Außenseiter, der gerne tanzt; als sein Freund bei einem Anschlag von Islamisten getötet wird, gerät er immer stärker in eine Abwärtsspirale.

Romen inszeniert das wohltuend unaufgeregt, mit Andeutungen, Blicken und musikalischen Hervorhebungen; ihr Augenmerk liegt auf der Selbstsuche ihres unsicheren Helden. Stilistisch wirkt der Film bisweilen unentschlossen, seine lyrischen Momente überzeugen mehr als die Milieuerkundung.

Besonders mannigfaltig sind in Graz stets die kleineren, innovativen Formate. Da ergibt es Sinn, auch einmal ein umtriebiges Kollektiv wie The Golden Pixel Cooperative auszuzeichnen, deren Vertreterinnen gleich mit mehreren Arbeiten präsent waren. Der Film Half of the Sky hat eigentlich Manifestcharakter. Ein vielstimmiger Kommentar, der auf Bauhaus-Künstlerinnen verweist, erzählt vom Kampf der Frauen um Sichtbarkeit ("Lasst uns Monster werden!"). Auf der Bildebene sieht man zuerst Porträts und ist schließlich bei einem Ausflug dabei, auf dem die Künstlerinnen gemeinsam Drachen steigen lassen. Man könnte sagen: Eine Landschaft muss man selbst schöner machen. (Dominik Kamalzadeh, 13.6.2021)