Bisher sind Lkws an Stromladestationen noch selten anzutreffen.

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Bald wird es so weit sein, prophezeien viele Experten. Nicht mehr lange, und Autos mit Elektroantrieb könnten Verbrenner beim Preis-Leistungs-Verhältnis überholen. Was die Umweltbilanz angeht, haben sie das schon längst – zumindest wenn mit Ökostrom geladen wird. Auch wenn der Anteil der E-Autos auf den Straßen nur langsam steigt, leiten immer mehr Autobauer von sich aus das Ende der Benzin- und Dieselmotoren ein.

Viel langsamer, wenn auch stetig, geht die Entwicklung im Straßengüterverkehr voran. Für die wirklich schweren Gefährte gibt es bisher kaum einer Alternative zum Dieseltank. Die Akkus – schon bei E-Pkws der mit Abstand teuerste Bauteil – sind in vielen Fällen noch zu schwer, teuer und wenig leistungsfähig, um im kompetitiven Transportsektor bestehen zu können.

Momentan buhlen die unterschiedlichsten Technologien von Batterie über Wasserstoff, E-Fuels und Oberleitungen um die Vorreiterrolle im Güterverkehr der Zukunft. Wer bei diesem zunächst an schwere Sattelschlepper denkt, die quer durch Europa touren, liegt allerdings falsch: Rund 90 Prozent der Transporte in Österreich (mit österreichischem Kennzeichen) sind kürzer als 150 Kilometer.

"Das liegt durchaus im Bereich moderner E-Lkws", sagt Michael Schwendinger vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ) vor Journalisten. Wenn die Güter nicht auf Fahrrad oder die Bahn (siehe Seite links) verlagert werden können, müssten schleunigst Alternativen zum fossilen Laster her. In Österreich hat sich der Straßengüterverkehr seit 1990 mehr als verdoppelt, wie Zahlen des Umweltbundesamts zeigen. Damit stoßen Lkws inzwischen mehr klimaschädliche Treibhausgase aus als alle Gebäude in Österreich zusammen. Eine Trendwende ist nicht in Sicht: Laut einer OECD-Prognose soll der Güterverkehr in der EU bis 2030 um ein Drittel zulegen.

Der Großteil der Transporte in Österreich sind kürzer als 150 Kilometer – was in Reichweite aktueller E-LKW liegt.
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Batterie am effizientesten

Laut der Organisation Transport & Environment sind derzeit batterieelektrische Lkws mit einem Wirkungsgrad von rund 77 Prozent am effizientesten. Oberleitungslastwagen, mit denen derzeit etwa auf einzelnen Teststrecken in Schweden und Deutschland experimentiert wird, hätten noch einen kleinen Vorteil gegenüber rein batteriebetriebenen. In ihnen können kleinere Akkus verbaut werden, weil ein Nachladen während der Fahrt möglich ist. "Das wird sich in Zukunft angleichen", sagt Schwendinger. Während die Batterien leichter werden, bleibt der zusätzliche Luftwiderstand an den Oberleitungen schließlich gleich.

Bei Wasserstoff kommt hingegen nur ein Drittel der eingesetzten Energie an. E-Fuels – also synthetische Kraftstoffe, die aus Strom gewonnen werden, haben überhaupt nur einen Wirkungsgrad von 23 Prozent.

Bei Contargo sind Elektro-Lkws bereits 2019 im Einsatz. Das Unternehmen ist einer der Marktführer in der Hinterlandlogistik in Deutschland, transportiert also Container von Binnenhäfen zu den jeweiligen Kunden.Für diese letzte Meile auf der Straße sei die Reichweite von E-Lkws in der Regel ausreichend. "Prädikat empfehlenswert", zieht Kristin Kahl, Prokuristin bei Contargo, vor Journalisten Bilanz. Zum Einsatz kommen 44-Tonner, die jeden Tag zwischen 200 und 250 Kilometer fahren.

Momentan testet das Unternehmen aus, ob eine kleinere Batterie mit häufigem, schnellem Ladevorgang oder eine große Batterie, die langsam über Nacht geladen wird, zielführender ist. Das Ergebnis steht noch aus.

Fahrverbot für Verbrenner

"Aus technischer Sicht werden emissionsfreie Lkws bald auch lange Strecken übernehmen können", ist Felipe Rodríguez, Lkw-Experte vom International Council for Clean Transportation (ICCT) überzeugt. Damit die Transportbranche ihr fossiles Laster noch schneller loswird, brauche es aber zusätzlich politische Maßnahmen. Dazu zählt neben Ankaufförderungen der strategische Ausbau der Ladeinfrastruktur, die Umsetzung von emissionsfreien Lieferzonen in Ballungsräumen sowie die Abschaffung der Steuerbegünstigung von Diesel.

Kalifornien gibt mit dem 2020 beschlossenen "advanced clean trucks act" etwa Verkaufsziele vor, bis 2024 müssen es neun Prozent sein. Gepaart wird diese Maßnahme mit Krediten für die Flottenumrüstung.

Was Städte tun können, zeigen etwa die Niederlande vor. Dort haben rund ein Dutzend Kommunen beschlossen, ab dem Jahr 2025 nur noch emissionsfreie Lieferfahrzeuge in ihre Städte zu lassen. Das soll nicht nur die Klimabilanz, sondern auch die lokale Luftqualität deutlich verbessern. (Philip Pramer, 26.5.2021)