Es ist ja jedes Mal aufs Neue ein Erlebnis, wenn man sich ansieht, was bei den jeweiligen Dorotheum-Automobilia-Auktionen zusammenkommt, aber so was hat der Hausherr selbst noch nicht erlebt. Der "Hausherr" ist Wolfgang Humer, der Oberösterreicher leitet die sozusagen motorisierte Abteilung des Auktionshauses, und an diesem Sonntag, er arbeitet gerade am Katalog für die Versteigerung am 3. Juli, schiebt er kurzerhand einen Termin mit dem STANDARD ein und zeigt, was diesmal auf die Enthusiasten zukommt. Da stehst du also in der Halle und dir stockt der Atem angesichts der multiplen Pracht, hörst kaum, was schon an Information aus Humer heraussprudelt, endlich wieder einmal Zeit für leuchtenden Augen nach den Monaten der Corona-Tristesse, und ja, wir sind eh schon ganz Ohr.

50 Jahre lang im Erstbesitz: Porsche 911 E...
Foto: Stockinger

Insgesamt, inklusive Zweiräder, stehen um die 75 Fahrzeuge zur Versteigerung im "Dorotheum Fahrzeug und Technik Zentrum Wien" (Dr. Robert-Firneis-Straße 6–8, Vösendorf) an, "die größte Auktion, die wir hier am Standort jemals hatten". Zeitlich reicht die Bandbreite von 1902 bis 2018, drei ganz besondere Highlights greift der Experte heraus. Weil: Geschichte, Geschichten. Porsche 911 E, (Ferrari) Dino 246, Corvette C2. "Ich mache den Job jetzt zehn Jahre, erlebe das erste Mal, dass ein Auto 50 Jahre beim ersten Besitzer ist – und dann kommt lustigerweise gleich das zweite hinzu. Und bei allen dreien bin ich der Meinung, dass man mit diesen Eckdaten, dieser Geschichte auf der ganzen Welt kein zweites Exemplar finden wird. Sie sind in der Konstellation einzigartig, im Wortsinn unschätzbar."

...und (Ferrari) Dino 246.
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Aber erlauben Sie, dass wir Ihr Augenmerk erst auf ein weiteres außergewöhnliches Objekt lenken. Auf einen Steyr Typ 2, das erste Modell der "Österreichischen Waffenfabrik" (ÖWG, seit 1926 Steyr-Werke AG). Humer: "Mit Fahrgestell 55 vielleicht sogar das älteste überlebende Exemplar.

Steyr Typ 2
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Einst ausgeliefert an das ägyptische Königshaus. Seit den 1970ern wieder in Österreich." Sodann halten wir uns an Wilhelm Busch: Mit scharfem Blick, nach Kennerweise, seh ich zunächst mal nach beim Preise. Schätzpreis Porsche: 90.000 bis 130.000 Euro, Dino: 350.000 bis 450.000, Corvette: 110.000 bis 140.000.

Die "Sting Ray" mit...
Foto: Stockinger

Und schon sind wir beim 911er – wobei der Typ 2 fließend zu dessen 50-Jahr-Erstbesitzer überleitet. Nämlich. Die Firma Weber und Rühl war in der Zwischenkriegszeit die größte Steyr-Vertretung des Landes, mit Verkauf, Werkstatt, Garage – dort, wo sich heute die Apollo-Garage (Wien VII.) befindet. Weber-Sohn Kurt, im Herbst 89-jährig verstorben, hatte am 25. Oktober 1955 die Garage von der US-Militärkommandantur zurückerhalten und dann erfolgreich gewirtschaftet, schon in den 1950ern konnte er sich als Zweitwagen Porsches leisten. Zum 40. Geburtstag gönnte er sich den 911 E, "sein absolutes Heiligtum", weiß Humer. Die beiden Söhne durften nie mit dem Auto fahren, überliefert ist nur ein Jugoslawien-Urlaub: Kurt Weber am Steuer, daneben die Frau Gemahlin und hinten die beiden Kinder plus deren Omama. Na bravo, bei dem Platzangebot. Heute: ein Auto wie eine Zeitreise, als wäre es gestern ausgeliefert worden.

...Brezelfenster, nein: Split Window, von 1963. Made in Antwerpen. Extrem selten.
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Dann das Gegenstück, aus Grazer Erstbesitz: 246 Dino, Baujahr 1971, zugelassen 1972. Farblich in Bianco Polo, "und weil er beim Transport aus Maranello ein paar Kratzer abbekommen hatte, gewährte Denzel noch ordentlich Rabatt, 140.000 Schilling waren das dann schließlich, bei über 200.000 Listenpreis." Hier wie beim 911er: Das Auto war ein Leben lang Besitzers Liebling, flog sozusagen "ganz unterm Radar und hat einige Kilometer weniger auf der Uhr als der Porsche – 96.000 –, nämlich rund 50.000. Wenn man schon glaubt, dass der Porsche sensationell ist, dann der Ferrari noch mehr, weil: 50 Jahre alt und sieht aus wie frisch aus der Auslage." Einmal Skiurlaub in Lech, mit Gepäckträger hinten, Skier schräg montiert, das war’s mit Langstrecke.

Ja, und dann noch Corvette C2. 1963 lanciert (es gab Produktionsstätten in der Schweiz und in Belgien), selben Jahres von einem Studenten erworben – sein Name: Gernot Langes-Swarovski. Heuer im Jänner verstorben. Seit 1979 befindet sich die hellblaue Sting Ray beim aktuellen Besitzer. Da kommt was zusammen: "Europäische Produktion – Antwerpen. Sehr, sehr selten. Erstes Baujahr. Split-Window hinten. In Österreich ausgeliefert. Als Schalter, auch das ungewöhnlich. Und dann noch der prominente Erstbesitzer." Wer also noch nichts vorhat am 3. Juli: Sie wissen schon ... (Andreas Stockinger, 21.6.2021)