Eierstockkrebs entwickelt sich rasant und deshalb oft unbemerkt. Erst wenn sich die Krebszellen in benachbarte Organe ausgebreiten, beispielsweise in Becken- und Bauchraum oder Eileiter, treten erste Symptome auf. Das Risiko zu erkranken steigt mit dem Lebensalter.

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Krebs wird oftmals erst real, wenn jemand im nahen Umfeld daran erkrankt. Manchmal ist es aber auch das Schicksal prominenter Persönlichkeiten, das uns betroffen macht.

So auch im Fall der CNN-Reporterin Christiane Amanpour. Sie ist an Eierstockkrebs erkrankt und teilte ihre Diagnose live am Montag auf Sendung. Die 63-Jährige hat sich mit ihrer Berichterstattung über internationale Konflikte im Irak, in Afghanistan, Pakistan und auf dem Balkan sowie mit hochkarätigen Interviews aus der ganzen Welt einen Namen gemacht.

Die Journalistin will mit ihrer Erklärung "Frauen auffordern, sich über diese Krankheit zu informieren, alle regelmäßigen Untersuchungen und Scans durchzuführen und verstärkt auf ihren Körper zu hören". Doch was genau ist Eierstockkrebs? Wie entsteht er, und wie wichtig ist Früherkennung wirklich?

Faktor Zeit

Eierstockkrebs, medizinisch Ovarialkarzinom, ist eine schwierige und bösartige Krebsart, die sich in einem oder beiden Eierstöcken entwickeln kann. Die Zellen beginnen sich unkontrolliert zu vermehren und einen Tumor zu bilden. Dieser Tumor wächst aggressiv, zerstört das angrenzende Gewebe und kann Tochtergeschwülste in anderen Organen bilden – sogenannte Metastasen –, erklärt Brigitte Mlineritsch von der Universitätsklinik für Innere Medizin in Salzburg.

Was viele nicht wissen: Eierstockkrebs ist die zweithäufigste gynäkologische Krebserkrankung nach Brustkrebs. In Österreich erkranken jährlich etwa 650 Frauen, das sind acht Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner und Jahr. Meistens sind Frauen nach den Wechseljahren betroffen. Das Haupterkrankungsalter liegt im Schnitt bei 65 Jahren.

Das Ovarialkarzinom entwickelt sich nicht langsam und über Jahre hinweg, sondern extrem schnell. Meist ist es eine massive Zunahme des Bauchumfangs, die Frauen zum Arzt gehen lässt. In diesen Fällen ist der Tumor bereits rasant gewachsen und in 70 bis 80 Prozent der Fälle schon im Spätstadium, erklärt Christian Schauer, Facharzt für Gynäkologie im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Graz. Doch ist eine Früherkennung überhaupt möglich?

Risiko steigt im Alter

Da das Risiko einer Erkrankung mit dem Alter zunimmt, wird Frauen ab dem 50. Lebensjahr generell eine jährliche gynäkologische Untersuchung empfohlen. Liegt eine genetische Vorbelastung vor, sollte neben der jährlichen Untersuchung mit transvaginalem Ultraschall auch eine genetische Testung auf zwei – möglicherweise defekte – Gene durchgeführt werden: BRCA1 und BRCA2. Diese Gene scheinen für eine bestimmte Art von Brustkrebs verantwortlich zu sein, aber auch beim Eierstockkrebs eine entscheidende Rolle zu spielen.

Im Normalfall hindern sie die geschädigten Zellen daran, sich zu vermehren. Sind sie allerdings genetisch verändert, also mutiert, funktioniert der Schutzmechanismus nicht mehr, und der Tumor kann wuchern. 15 bis 20 Prozent aller Patientinnen mit Eierstockkrebs sind BRCA1- oder BRCA2-positiv. Der überwiegende Teil durchläuft die Krankheit allerdings ohne genetische Disposition.

Ob ein defektes Gen weitervererbt wird oder nicht, liegt bei einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent, so der Gynäkologe. Sind Mutter oder Großmutter erkrankt, könnte eine genetische Prädisposition jedenfalls vorliegen. Oft reicht schon ein Blick in die Familiengeschichte. Angelina Jolie gehört zu den berühmtesten Trägerinnen des Gens. Sie hat sich deshalb sowohl die Brüste, als auch etwas später die Eierstöcke entfernen lassen.

Schutzfaktoren

Neben der Vererbung spielt auch die Anzahl der Eisprünge während der fruchtbaren Jahre eine erhebliche Rolle. Je weniger Eisprünge stattgefunden haben, desto geringer ist das Risiko, an Eierstockkrebs zu erkranken. Entsprechend spielen auch Kinderlosigkeit, häufige Schwangerschaften oder die Pille eine Rolle. Schwangerschaften verringern ebenso wie die Antibabypille die Anzahl der Eisprünge und haben entsprechend eine gewisse Schutzfunktion.

Die Erkrankung verursacht im Frühstadium keine Symptome. Die später auftretenden Beschwerden sind meistens unspezifisch, etwa Schmerzen im Unterbauch, Übelkeit, Verdauungsstörungen, häufiges Wasserlassen und Gewichtsverlust. Gelegentlich können auch unregelmäßige Blutungen ein Erstsymptom sein.

Am häufigsten setzt der Eierstockkrebs Metastasen in das Bauchfell, wodurch es dort zu Wasserbildung kommen kann. Betroffene bemerken dann oft eine Zunahme des Bauchumfangs, manchmal tritt durch den Druck auf die Lunge auch Atemnot auf. Bei Verdacht kann ein Ultraschall der Region und der Scheide Aufschluss geben.

Gewissheit kann aber erst die Untersuchung einer Gewebeprobe geben, die mittels einer OP entnommen wird.

Wie wird behandelt?

Bei der Behandlung von Krebs spielt die personalisierte Medizin eine entscheidende Rolle: Krebserkrankungen werden sehr individuell therapiert. Die Art des Tumors ist ausschlaggebend. Im Falle eines Ovarialkarzinoms muss der Tumor im ersten Schritt lokalisiert, die Ausbreitung bestimmt, das Gewächs entfernt und das Gewebe untersucht werden.

Meistens kommt zusätzlich eine Chemotherapie zum Einsatz, in manchen Fällen beginnt diese bereits vor der OP, um den Tumor zu verkleinern und besser operabel zu machen. Aber auch eine Antikörpertherapie kann im fortgeschrittenen Stadium zum Einsatz kommen.

Durch regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen kann ein eventuelles Rezidiv früh erkannt werden. Da in 80 Prozent der Fälle der Tumor binnen fünf Jahren wieder auftritt, ist eine gewissenhafte Nachsorge überlebenswichtig. Direkt nach der ersten Behandlung sollte sie vierteljährlich stattfinden, später in größeren Abständen. (Julia Palmai, 15.6.2021)