Foto: imago images/Sven Simon

PRO: Das ÖFB-Versäumnis

von Fritz Neumann

Und er ermittelt doch. Der europäische Fußballverband Uefa ließ erst ordentlich die Gerüchteküche brodeln, ehe er sich dazu durchrang, die Causa Arnautović unter die Lupe zu nehmen. Es wäre keine Überraschung, würden dem Verbalentgleiser des Stürmerstars nach seinem Tor zum 3:1-Endstand gegen Nordmazedonien auch Sanktionen folgen. Marko Arnautović, 1989 in Wien geborener Sohn einer Österreicherin und eines Serben, hatte der Mutter eines Gegenspielers lauthals eine intime Beziehung in Aussicht gestellt. Ob damit auch Rassismus einherging, ist wohl Gegenstand der Untersuchung. Arnautović stellte das in Abrede, entschuldigte sich und betonte, er habe "Freunde von überall auf der Welt".

Die Uefa heftet sich seit Jahren den Kampf gegen Rassismus auf ihre Fahnen und predigt "respect". Und dann soll sie zur Kenntnis nehmen, dass da und dort ein anderer Ton herrscht, auf dem Fußballfeld sowieso? Genau so hat die Argumentation des heimischen Fußballbunds ÖFB ausgesehen. "Trashtalk gehört zum Fußball", sagte Sportdirektor Peter Schöttel. Die Arnautović-Aktion zu verurteilen und zum Beispiel mit einer "freiwilligen Spende" zu sanktionieren, hat der ÖFB verabsäumt. Damit hätte er selbst ein Zeichen gesetzt, das notwendig und – im Hinblick auf die internationale Untersuchung – vielleicht sogar hilfreich gewesen wäre. Jetzt ist die Uefa am Zug – und sie kann kaum zurückziehen. (Fritz Neumann, 15.6.2021)

KONTRA: Hitze des Gefechts

von Florian Vetter

Es war nicht die feine englische Art, wie Marko Arnautović sein Tor zum 3:1 gegen Nordmazedonien feierte. Statt einer freudigen Geste wurde es eine Schimpftirade auf den Gegner. ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel will in der Causa kein Fass aufmachen. Zumal es nach der Partie auf dem Feld offenbar zu einer Aussprache zwischen Arnautović und dem von ihm unflätig bedachten Nordmazedonier Ezgjan Alioski kam.

Die Uefa möge sich zurückhalten und nicht ausgerechnet hier ein Exempel statuieren. Man kann die Entgleisung des Stürmers unter dem Gesichtspunkt "in der Hitze des Gefechts" archivieren. Passiert ist weit Größeren schon weit Schlimmeres. Der Franzose Zinédine Zidane wurde im WM-Finale 2006 nach einem Kopfstoß gegen den Italiener Marco Materazzi ausgeschlossen, nachdem dieser seine Schwester beleidigt hatte. Arnautović an den Pranger zu stellen würde nichts daran ändern, dass die Auseinandersetzung zwischen Serben und Albanern einer der vielen ungelösten Konflikte auf dem Balkan bleibt, die auch den Fußball streifen.

Eine interne ÖFB-Strafe würde reichen. Als Warnung, Arnautović möge sich in den kommenden Partien tunlichst besser im Zaum halten. Eine Sperre des Stürmers wäre für das ÖFB-Team fatal, seine lustvoll genialen Momente im Angriff gingen unersetzbar ab. (Florian Vetter, 15.6.2021)