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Wladimir Putin wünscht sich mehr Gleichberechtigung vonseiten der USA.

Foto: Reuters

So könne es nicht weitergehen, in dem bestehenden "Koordinatensystem" lasse sich nicht weiterarbeiten, erklärte Russlands Vizeaußenminister Sergej Rjabkow. Der Putin-Biden-Gipfel am Mittwoch sei daher mit "sehr großen Erwartungen verbunden" und solle "Antworten auf viele Fragen liefern", so der Diplomat. Die bilateralen Beziehungen schätzt Moskau als "schlechter geht es kaum" ein. Aus russischer Sicht sind daran die konsequente Missachtung russischer Sicherheitsinteressen durch den Westen und die nach dem russischen Anschluss der Krim forcierte Containment-Politik mit Sanktionen und den Versuchen, Russland international zu isolieren, schuld.

Unter diesem Aspekt versteht der Kreml den Gipfel als Chance, die gegenseitigen Interessen auszutarieren. Einen Durchbruch bei den Gesprächen erwartet Außenminister Sergej Lawrow freilich nicht. Es komme zunächst einmal darauf an, überhaupt einen gleichberechtigten Dialog in Gang zu bringen.

Der Wunsch nach Gleichberechtigung

Gleichberechtigung ist für Moskau das Stichwort: "Die Normalisierung des russisch-amerikanischen Verhältnisses ist nur dann möglich, wenn die Prinzipien der Gleichberechtigung, gegenseitiger Achtung und Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten des Gegenübers beachtet werden", betonte Lawrow. Die USA müssten also ihre Lehrmeisterhaltung und ihre ständigen Vorhaltungen gegenüber Russland aufgeben.

Moskau sei durchaus bereit, auch brisante Themen wie die mutmaßliche Einmischung in die US-Präsidentenwahl zu besprechen. Schon 2016, als die Vorwürfe aufkamen, habe Russland vorgeschlagen, sich an den Tisch zu setzen und "konkrete Fakten auszupacken", was die USA verweigert hätten. Er hoffe, dass es diesmal gelinge, das Thema Cybersicherheit auf höchster Ebene zu erörtern, sagte Lawrow.

Gleichgerichtete Interessen beider Seiten sieht er bei der strategischen Sicherheit. Tatsächlich haben die USA den unter Donald Trump vor dem Aus stehenden Start-Vertrag zur Reduzierung strategischer Atomwaffen nach der Wahl Bidens in letzter Sekunde verlängert. Gespräche über weitere Abrüstungs- und Sicherheitsverträge laufen.

Schmerzhafte Sanktionen

Für Moskau wichtig ist zudem die Realisierung des Projekts Nord Stream 2, das kurz vor dem Abschluss steht und gegen das der Widerstand aus Washington zuletzt abgeflaut ist. Die Sanktionen sind für Russland trotz anderslautender Verlautbarungen schmerzhaft: Sie beeinträchtigen das Investitionsklima und erhöhen den technologischen Rückstand Russlands.

Moskau ist freilich bewusst, dass sich der Komplex beim Gipfel nicht lösen lässt, zumal die Gegensätze bei Themen wie Syrien und Libyen, insbesondere aber den von Russland als Sicherheitskorridor betrachteten Ländern wie Belarus (Weißrussland) und Ukraine bestehen bleiben.

Ein Nato-Beitritt der Ukraine komme beispielsweise nicht infrage, machte Wladimir Putin auf dem Internationalen Wirtschaftsforum St. Petersburg deutlich. Dann wäre die "rote Linie" überschritten, schließlich flögen Raketen von Charkiw oder Dnipro startend in sieben bis zehn Minuten bis nach Moskau. Die USA hätten die versuchte Stationierung sowjetischer Raketen auf Kuba 1962 auch nicht hingenommen, erinnerte Putin. (André Ballin aus Moskau, 16.6.2021)

Was sich Washington vom Gipfel erwartet, lesen Sie hier: Biden trifft Putin: Reden mit dem Mann ohne Seele