Es sind kleine Erfolge, die sich einzelne Verbraucher erkämpfen. Auf umfassenden Schadenersatz warten europäische Dieselbesitzer noch immer.

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Wien/Braunschweig – Beim Musterfeststellungsverfahren in Deutschland sind Dieselfahrer aus Österreich leer ausgegangen, und tausende Verbraucher im Sammelverfahren des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) warten sechs Jahre nach Auffliegen des Dieselskandals noch immer auf Schadenersatz. Nun gibt es einen Hoffnungsschimmer selbst für Dieselfahrer ohne Rechtsschutzversicherung, zu Geld zu kommen. Das Landgericht Braunschweig hat Volkswagen zu Schadenersatz gegenüber einem Burgenländer verurteilt, das Urteil ist rechtskräftig.

Mit Zinsen

Der burgenländische Besitzer eines VW Passat (Baujahr 2011, 170 PS), dessen Fahrzeug von den 2015 aufgeflogenen Abgasmanipulationen betroffen war, bekam nun in einer über den Verbraucherschutzverein VSV angestrengten Einzelklage Schadenersatz zugesprochen. 9.633,34 Euro (inklusive Zinsen von 327,18 Euro) muss Volkswagen für das im März 2013 um 29.600 Euro erworbene Auto zahlen.

Nutzungsentgelt

Die Differenz zum Kaufpreis – damals hatte das Fahrzeug einen Kilometerstand von 18.700 – erklärt sich im Wesentlichen aus dem Nutzungsentgelt, das für den Gebrauch des Wagens seit dem Kauf in Abzug gebracht wurde. Und das ist einiges, denn aktuell beträgt der Kilometerstand 177.233. "Es zahlt sich aus", sagt VSV-Obmann Peter Kolba, "selbst bei älteren Fahrzeugen."

Hoffnung auf Klagserfolg macht Kolba selbst Fahrzeughaltern in Fällen, die zivilrechtlich längst verjährt sind, weil sie sich erst nach 2018, also drei Jahre nach Bekanntwerden des Dieselskandals im September 2015, zu einer Klage entschlossen. Er beruft sich dabei auf einen Spruch des Obersten Gerichtshofs gegen ein Finanzinstitut aus dem April (6 Ob 239/20w). Der OGH stellte darin klar, dass für eine Bank gemäß Unternehmensstrafrecht (Verbandsverantwortlichkeitsgesetz) für die listige Täuschung (§ 874 ABGB) ihrer Kunden durch leitende Angestellte gemäß Strafrecht die lange Verjährung gilt. Die 30-jährige Verjährungsfrist gilt dann, wenn das Unternehmen – neben dem Straftäter – strafrechtlich für die Tat haftet.

"Arglistige Täuschung"

Da es sich um eine mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohte Vorsatztat handelte, sieht Kolba die Parallele zum Dieselskandal gegeben: Schließlich hat der deutsche Bundesgerichtshof in Karlsruhe die in den VW- und Audi-Motoren (EA189) eingebaute Abschalteinrichtung (für die Abgasreinigung) als arglistige Täuschung und sittenwidrige Schädigung qualifiziert. Auch der Europäische Gerichtshof hat Abschalteinrichtungen als unzulässig qualifiziert. Man führe gerade Verhandlungen mit einem Prozessfinanzierer, um Klagen einzubringen, die zivilrechtlich bereits verjährt sind, sagte Kolba, der Betroffene an die Website klagen-ohne-risiko.at verweist.

Auch für andere Autobauer?

Nicht so klar ist die Sache bei nachfolgenden Motormodellen, also jenen, die nach dem US-Vergleich 2016 auf den Markt gebracht wurden – auch von anderen Automobilherstellern. Daimler beispielsweise beruft sich darauf, die vorgeblich zum Schutz des Motors (vor Versottung) eingebauten sogenannten Thermofenster seien dem deutschen Kraftfahrtbundesamt (KBA) gemeldet worden und somit von der Behörde genehmigt. Das KBA habe viele Kfz zugelassen, deren Stickoxidausstoß die Grenzwerte weit übertreffe, kritisiert der Umwelttechniker und Sachverständige der Deutschen Umwelthilfe, Axel Friedrich. (Luise Ungerboeck, 16.6.2021)