Unterschätz mir das Burgenland nicht, hab ich ihm noch gesagt. Und jetzt hockerlt er da, der Klaus, neben dem Radweg, schnappt nach Luft und versucht seinen Würgereflex zu kontrollieren. Eine kleine Runde übers Leithabergl wollten wir fahren. Als er in Stoffhosen und Hemd auftauchte, war klar, da ist jemand im Bann der gemütlichen Radrouten rund um den Neusiedler See, die man leicht einmal mit einer der Radfähren abkürzen kann, wenn die Distanz zum nächsten Wirt auf einmal gar zu entfernt scheint.

Man kann die Radtour auch entspannt angehen.
Foto: Wolf-Dieter Grabner

Auf dem Bäckersteig über das Leithagebirge gibt es keine Wirte. Es ist eine Mountainbikestrecke, der schon viele ihre Überheblichkeit mit dem sprichwörtlichen Fall entlohnt haben. Wie der Robert, der bei einer der kleinen Bachdurchfahrten, auch schon von der Erschöpfung gezeichnet, nicht rechtzeitig aus den Klickpedalen kam und dann auf dem Rücken im Bach lag, das Radl immer noch auf den Haxen in die Höhe streckend und Schlamm spuckend.

Himalaythagebirge

Es gibt mehrere Eingänge in den Bäckersteig. Von Hornstein in Richtung Westen geht es am einfachsten. Die Steigungen sind lang, aber nicht sonderlich steil, die Abfahrten kurz und knackig. Andersherum, teilt man sich am besten schon beim Friedhof vorbei die Kraft ein und tut die Steigung nicht gleich mit einem "Ich bin schon einmal Rad gefahren" ab. Sonst schiebt man, wie der Robert, bald, bis rauf zum Schuster, japst beim roten Kreuz elendiglich nach Luft oder einem raschen Tod und kommt gar nie bis zum Juden, quasi dem Moutainbike-Kreisverkehr am Leithagebirge, von wo es nach Eisenstadt, Loretto, Leithaprodersdorf, zum Buchkogel und nach Müllendorf geht. Auch rüber zum Sonnenberg, mit 484 Meter der höchste Punkt des Leithagebirges, aber da darf man mit dem Radl legal eh nicht hin. Aber bei der Höhe ist klar, warum diese Runde jeder gerne als Kinderausflug abtut, der schon einmal 500 Höhenmeter an einem Tag derfahren hat.

Viele der Bäckersteig-Stammgäste sind inzwischen auf ein E-Bike umgestiegen. Dann geht die zache Runde auch in unter einer Stunde. Sonst braucht man mit ein wenig Kondition schon eineinhalb bis einddreiviertel Stunden. Obwohl, ich hab auf die leichte Art auch schon mehr als vier Stunden gebraucht – welch Überraschung, wieder mit einer Handvoll Weltmeister, die schon alle Hänge in alle Richtungen bezwungen haben. Dabei, nein, man muss wirklich kein Sportler sein, um hier flott durchzukommen. Nur unterschätzen darf man den Leithaberg halt nicht.

Am Leithaberg gibt es Waldwege, Singletrails und Schoitterwege für Radfahrer.
Foto: Wolf-Dieter Grabner

Dann wird man belohnt, mit einer abwechslungsreichen Strecke voller schöner Begegnungen. Denn ja, hier sind auch Wanderer unterwegs, rüber nach Eisenstadt auf ein Happerl zur Gloriette oder rüber zum Sonnenberg, rauf auf die Aussichtsplattform. Am Wochenende oder an Feiertagen kann hier ziemlich viel los sein – dafür funktioniert das Zusammeleben von Wanderern und Radlern erstaunlich gut. Ein bisserl Freundlichkeit und Rücksicht ist dennoch auch hier willkommen.

Mittel- und Südburgenland

Unglaublich willkommen fühlt man sich mit dem Rad im Mittel- und Südburgenland. Da braucht man nicht einmal ein eigenes Rad, denn ein solches kann man an mehreren Stellen ganz einfach mieten – wie etwa entlang der Paradiesroute im Südburgenland. Knapp 260 Kilometer ist die Strecke lang und führt über die Hügel von drei Naturparks. Auch wenn Hosen und Hemd hier kein Muss sind, ganz so unpassend wie auf dem Bäckersteig wären sie nicht. Denn entlang der Strecke im Dreieck Oberwart, Jennersdorf, Güssing gibt es nicht nur Buschenschänke, sondern auch Haubenlokale – und Pauschalangebote für Enthusiasten, die in sechs überschaubaren Etappen den ganzen Weg abfahren wollen.

Wenn es einem im Burgenland manchmal nicht steil genug ist, kann man sich ja selber helfen.
Foto: Wolf-Dieter Grabner

Ein Teil der Paradiesroute, die entlang der Grenze führt, gehört zum Euro-Velo 13, dem Iron Curtain Trail, einem beeindruckenden Radweg entlang des ehemaligen Eisernen Vorhangs von Norwegen bis in die Türkei. 287 Kilometer ist der Radweg entlang der Ostgrenze des Burgenlandes lang und ideal für eine fünftägige Reise. Er führt etwa über die Brücke von Andau, durch den Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel und vorbei am "Ungarischen Versaille", dem Esterházy-Schloss in Fertőd.

Neusiedler See-Runde

Und wenn wir schon dabei sind, ja, den Klassiker, die Runde um den Neusiedler See, den wollen wir hier auch nicht auslassen. Profis halten sich da übrigens an die Segler und richten ihre Runde nach dem Wind aus. Genießertypen eher nach den Fahrplänen der Radfähre zwischen Illmitz und Mörbisch und lassen den ungarischen, den schwierigeren Teil der Strecke aus – auf dem man bei schlechter Sicht eine Warnweste tragen muss.

Fordernder ist der Rosalia-Radwanderweg. Er führt über fast 60 Kilometer und 740 Höhenmeter, von Mattersburg über Forchtenstein, den Kogelberg nach Bad Sauerbrunn, über Sigleß und Antau bis Schattendorf und wieder zurück. In vier Stunden sollte sich die Tour ausgehen, wenn man sich nicht an einem der drei Badeseen vertrödelt. Die Strecke ist größtenteils asphaltiert und kann auch mit dem Rennrad gefahren werden. Obwohl, auch für Mountainbiker gibt es bei Forchtenstein eine rund zwölf Kilometer lange Strecke, die man in einer Stunde schaffen kann.

Das Burgenland ist ein sehr vielfältiges Radland. Im Mittel- und Südburgenland geht es gemütlich bis anstrengend durch die weitläufige Hügelgegend, da hilft man den Gästen gern mit sehr gefragten E-Bikes aus. Am See hilft man mit dem Schiff. Auf dem Leithabergl sind die Rad- teilweise auch Wanderwege. Probleme gibt es deswegen aber kaum. Vielleicht auch, weil man die meiste Zeit eh von der Landschaft so verzaubert ist.
Foto: Wolf-Dieter Grabner

Zur Not lohnt es sich, vorher in die Karten zu schauen oder in eine der Apps – Bergfex ist für die Vorbereitung und Begleitung sehr gut aufgestellt –, damit man nicht unnötig früh in die Knie geht. (Guido Gluschitsch, 2.7.2021)