Raser sollen künftig mit strengeren Maßnahmen eingebremst werden.

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Wien – Für Raser wird es nun ernst: Am Mittwoch legte Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) das sogenannte Raserpaket als Regierungsvorlage im Ministerrat vor. Die Strafen werden erhöht, außerdem wird die Beteiligung an illegalen Straßenrennen als neues Delikt eingezogen. Parallel dazu arbeite das Ministerium "weiter an der verfassungskonformen Umsetzung der Beschlagnahme des Fahrzeugs bei besonders rücksichtslosen Wiederholungstätern", hieß es in der Vorlage.

"Wir haben in Österreich ein Problem mit extremen Rasern. Das sind einige wenige unbelehrbare Wiederholungstäter, die mit ihrem Verhalten Menschenleben gefährden. Mit 110 in der 30er-Zone, mit 250 auf der Autobahn wird das Auto zur Waffe. Hier gibt es künftig deutlich härtere Strafen und Konsequenzen", sagte Gewessler. Das Paket bringe neben einer deutlichen Erhöhung des Strafrahmens auf 5.000 Euro eine Verdoppelung der Mindestentzugsdauer und die Einführung von "Beteiligung an illegalen Straßenrennen" als besonders gefährliches Delikt in der Straßenverkehrsordnung (StVO). Das Paket soll nach dem Beschluss im Parlament noch vor der Sommerpause nach Gewesslers Vorstellungen am 1. September in Kraft treten.

Neue Maßnahmen im Detail:

– Erhöhung des Strafrahmens von 2.180 auf 5.000 Euro bei stark überhöhter Geschwindigkeit.

– Verdopplung der Mindestentzugsdauer des Führerscheins bei einer Überschreitung der höchstzulässigen Geschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h und im Freilandgebiet um mehr als 50 km/h auf einen Monat.

– Verdopplung bei höheren Geschwindigkeitsüberschreitungen im Wiederholungsfall auf drei Monate.

– Ab 80/90 km/h Überschreitung gilt das Vergehen als unter besonders gefährlichen Verhältnissen (sechs Monate Führerscheinentzug und Nachschulung).

– Verdopplung des Beobachtungszeitraums für wiederholte Geschwindigkeitsüberschreitungen auf vier Jahre.

– Illegale Straßenrennen werden in der StVO ausdrücklich als "besonders gefährliche Verhältnisse" bzw. besondere Rücksichtslosigkeit im Sinne der Verkehrszuverlässigkeit deklariert und entsprechend gestraft.

– Nicht nur die unmittelbare Teilnahme, sondern auch Beteiligung in Form von Unterstützung als Lenker eines anderen Fahrzeugs zum Abschirmen der eigentlichen Teilnehmer fällt unter diese Regelung und wird damit gleich sanktioniert.

– Sanktion: sechs Monate Entziehung der Lenkberechtigung, spätestens im Wiederholungsfall eine verkehrspsychologische Untersuchung.

Die Beschlagnahme der Fahrzeuge bei besonders rücksichtslosen Wiederholungstätern soll laut Gewessler ebenfalls noch in diesem Jahr umgesetzt werden. Allerdings kommen die im Vorjahr noch angekündigten Senkungen der Grenzwerte für Führerscheinabnahmen um zehn km/h ebenso wie Rasen als Vormerkdelikt nicht.

VCÖ und KFV fordern weitere Maßnahmen

Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) und das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) begrüßten die Strafverschärfungen bei ihrer Präsentation im März zwar, forderten aber weitere Maßnahmen. KFV-Direktor Othmar Thann konstatierte den nunmehrigen Änderungen ein "Minimalprogramm in der Verkehrssicherheit", das Menschenleben koste. Auch aus Sicht des VCÖ ist das Paket ein erster Schritt, dem weitere folgen müssen. Der Führerschein werde weiterhin erst ab einer Überschreitung des Tempolimits um 40 km/h abgenommen, außerdem fehle die vorgesehene Aufnahme ins Vormerksystem.

ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger begrüßte die Novelle. "Es geht uns dabei um ein erhöhtes Strafmaß für eine kleine Gruppe von besonderen Gefährderinnen und Gefährdern im Sinne der Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer."

Kritik von FPÖ, AK will Strafen an Einkommen anpassen

Als "Autofahrer-Abzockpaket mit grünen Enteignungsfantasien" kritisierte hingegen FPÖ-Verkehrssprecher Christian Hafenecker das Maßnahmenpaket. "Anstatt bei Tempodelikten auf Sensibilisierung und Prävention zu setzen, schwingt die grüne Verbotsministerin den Strafhammer und will den Bürgern noch tiefer in die Geldbörse greifen." Gekrönt würden diese Drangsalierungskaskaden noch von der geplanten Möglichkeit der Fahrzeugbeschlagnahme. "Das sind völlig jenseitige Enteignungsfantasien, mit denen ganze Existenzen, vor allem von jungen Menschen, nachhaltig zerstört werden können." Verkehrssicherheit sei ein hohes Gut, dieses Strafpaket schieße aber meilenweit übers Ziel hinaus.

Die Arbeiterkammer (AK) befürwortete die Novelle forderte aber zusätzlich, die Höhe von Verwaltungsstrafen an die Einkommensverhältnisse anzupassen, damit die Strafen für Raser nicht bei den einen zwar abschreckende Wirkung haben, während andere sie aus der sprichwörtlichen Portokasse zahlen. "Geschwindigkeitsübertretungen von mehr als 40 km/h, egal ob innerhalb oder außerhalb des Ortsgebiets, gefährden Menschenleben. Das ist kein Kavaliersdelikt und muss stärker bestraft werden", sagt Nermina Hajdarevic, Verkehrsjuristin in der AK-Wien.

BVT-Reform wird beschlossen

Ebenfalls am Mittwoch beschließt der Ministerrat die große Reform des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Die in der Begutachtung vielkritisierte Neuregelung für Razzien bei Behörden wurde geändert. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) will künftig wesentlich mehr – nämlich jährlich rund 50 Millionen Euro – investieren. Damit kann das Personal verdoppelt und für Analyse und Auswertung moderne IT-Tools angeschafft werden.

Ab 1. Dezember sollen, sieht die Regierungsvorlage vor, die Bereiche Staatsschutz und Nachrichtendienst getrennt agieren. Das in den vergangenen Jahren skandalgeschüttelte BVT bekommt einen neuen Namen, "Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst" (DSN). Das Aufgabenfeld Nachrichtendienst soll gestärkt werden, ebenso die parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes. So sind eine weisungsfreie Kommission und mehr Berichte an den Ständigen Unterausschuss vorgesehen. (APA, 16.6.2022)