Eine Anwältin zeigt bei der Anklage Maxwells auf ein gemeinsames Foto von ihr und Jeffrey Epstein.

Foto: AFP / Johannes Eisele

Ein halbes Dutzend junge Mädchen und Frauen sollen einer Recherche des Fernsehsenders Channel 4 zufolge in Großbritannien Opfer des verstorbenen Milliardärs Jeffrey Epstein sowie dessen ehemaliger Partnerin und mutmaßlicher Komplizin Ghislaine Maxwell geworden sein. Die Vorwürfe umfassen, ähnlich wie im laufenden Verfahren gegen Maxwell in den USA, mehrere Fälle schweren sexuellen Missbrauchs.

Die 59-Jährige befindet sich derzeit in Brooklyn, New York in Einzelhaft. Dort ist sie unter anderem der Zwangsprostitution von Minderjährigen sowie des Meineids angeklagt. Maxwell plädierte auf nicht schuldig, ein Antrag auf Freilassung gegen Kaution wurde wegen Fluchtgefahr abgelehnt. Im Juli soll der Prozess gegen sie beginnen.

Schiefe Optik

Im Gegensatz zu den USA erfolgten in Großbritannien nach Bekanntwerden der Vorwürfe jedoch keine umfassenden Ermittlungen. Alexander Murray, Kommandant des "Scotland Yard" genannten Metropolitan Police Service, erklärte 2019 in einem Statement, man habe die Vorwürfe untersucht und sei zu dem Schluss gekommen, dass sich die Ermittlungen hauptsächlich auf Vorfälle in den USA konzentrieren würden. Scotland Yard sei daher nicht die zuständige Behörde.

Der Anwalt Nazir Afzal, der von Channel 4 zu den Vorwürfen befragt wurde, sieht hingegen Anlass für eine eingehendere Untersuchung der Vorfälle in Großbritannien. Zudem kritisierte er die Optik der Ermittlungseinstellung: Eine Einheit von Scotland Yard ist unter anderem für den Schutz der britischen Königsfamilie verantwortlich. Prinz Andrew, dem Sohn von Königin Elizabeth II, werden Verwicklungen in den Epstein-Skandal vorgeworfen. Es könne der Eindruck entstehen, Epstein und Maxwell seien wegen ihrer Verbindungen zu Prinz Andrew in Großbritannien anders behandelt worden. Scotland Yard gab nun bekannt, die Vorwürfe, die Channel 4 zutage förderte, einer neuerlichen Prüfung zu unterziehen. (rio, 16.6.2021)