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Corona hat uns auch gewichtsmäßig so manchen Ballast beschert. Immerhin 34 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher haben im Zuge der Pandemie zugenommen, und zwar im Schnitt sechs Kilo. Die summieren sich auf erschreckende 13.571.255 Kilo, wie die Arbeitsgemeinschaft für Sport und Körperkultur in Österreich berichtet. Die heißt es jetzt wieder loswerden, sonst sind gesundheitliche Langzeitfolgen wie Adipositas, Cholesterinprobleme, Diabetes und mehr vorprogrammiert. Doch wie geht man das am besten an?

Geht es ums Abnehmen, gilt das Intervallfasten derzeit als das Maß aller Dinge. Denn es soll die Kilos schwinden lassen, gesundheitliche Probleme wie die oben genannten bessern, stille Entzündungen vermindern, Erkrankungen wie Krebs oder Demenz vorbeugen und auch noch die Zellen verjüngen. All diese Effekte werden derzeit untersucht, gesicherte Ergebnisse gibt es bisher aber nur aus Tierexperimenten. Kontrollierte Studien, die Nutzen und Risiken des Intervallfastens beim Menschen untersuchen, sind derzeit noch Mangelware.

Auf Nahrung verzichten

Konkret bedeutet Intervall- oder intermittierendes Fasten, dass man nur zu bestimmten Zeiten isst und dazwischen lange Pausen einlegt. Das kurbelt den Prozess der Autophagie an. Das ist eine Art körpereigene Müllabfuhr, die Zellreste und fehlgefaltete Proteine abbaut und verwertet. Yoshinori Ohsumi, der japanische Zellbiologe, der diesen Prozess erforscht hat, erhielt im Jahr 2016 dafür auch den Medizinnobelpreis.

In der Praxis gibt es von dieser Ernährungsform verschiedene Modelle. Am bekanntesten ist wohl die 16:8-Methode, bei der man innerhalb von acht Stunden isst und danach 16 Stunden lang komplett auf Nahrung verzichtet. Eine verschärfte Form ist die 18:6-Methode, also sechs Stunden essen und 18 Stunden fasten. Am strengsten ist der tageweise Verzicht, das alternierende Fasten. Dabei werden überhaupt nur jeden zweiten Tag kalorienhaltige Nahrung und Getränke aufgenommen, die Pause dazwischen beträgt bis zu 36 Stunden.

Im Vordergrund stehen dabei die Essenspausen, in denen die Autophagie ihre Wirkung tun soll. Eine Kalorienreduktion ist nicht zwingend vorgesehen. Viele gehen zwar davon aus, dass diese automatisch passiert durch die langen Unterbrechungen. Doch will man mit der Methode abnehmen, muss man darauf definitiv gesondert achten. Sonst ist der Gewichtsverlust keineswegs gesichert. Genau das hat man sich jetzt in einer kleinen, randomisiert-kontrollierten Kurzzeitstudie unter der Leitung von Iain Tempelman von der University of Bath angesehen, die am Mittwoch im Fachjournal "Science Translational Medicine" veröffentlicht wurde.

Es geht ums Kalorien-Reduzieren

Das konkrete Setting sah wie folgt aus: 36 schlanke Probandinnen und Probanden wurden für drei Wochen in drei Gruppen eingeteilt. Gruppe eins aß nur jeden zweiten Tag und dann 150 Prozent ihrer gewohnten täglichen Energiezufuhr. Sie folgte also einer eingeschränkten Intervallfastendiät. Die zweite Gruppe aß täglich und nach ihrem gewohnten Stundenplan, reduzierte allerdings die Energiezufuhr um 25 Prozent. Gruppe drei folgte wiederum dem intermittierenden Fasten und aß nur jeden zweiten Tag, dann jedoch auch 200 Prozent der gewohnten täglichen Energiezufuhr. Es gab also keine Restriktion bei der Nahrungsaufnahme.

Nach Ablauf der drei Wochen wies Gruppe zwei, also die täglich essende, die größten Gewichts- und Fettverluste auf. Durchschnittlich 1,57 Kilogramm Körperfett waren es weniger. Die erste Gruppe verlor auch Gewicht, aber weniger Fett, im Schnitt 0,74 Kilogramm. Die dritte Gruppe, die die Energiezufuhr nicht reduzierte, wies keine signifikanten Gewichts- oder Fettverluste auf.

Detaillierte Auswertungen zeigten übrigens, dass es, je nach Ernährungsform, zu keinen wesentlichen Unterschieden in der kardiometabolischen Gesundheit der Probanden kam. Allerdings räumen die Autoren selbst ein, dass durch die kurze Dauer der Untersuchungen eventuelle längerfristige Veränderungen nicht berücksichtigt werden konnten.

Forschungsbedarf besteht weiterhin

Bedeutet das nun, dass Intervallfasten sinnlos ist? Zumindest wenn es um das Projekt Abnehmen geht, garantiert diese Methode nicht automatisch Erfolg, wie die aktuelle Studie zeigt. Doch sie hat auch Schwächen.

Zwar lobt der bekannte deutsche Experte fürs Fasten, Andreas Michalsen, Chefarzt des Immanuel-Krankenhauses und Inhaber einer Stiftungsprofessur für Naturheilkunde an der Berliner Charité, das methodisch gute Studiendesign der erfahrenen Forschergruppe. Aber er kritisiert auch, dass die Autoren ausschließlich das alternierende Fasten untersucht haben: "Dies ist von allen Formen des intermittierenden Fastens derzeit die am kritischsten zu betrachtende Methode. Die meisten Wissenschafter sind derzeit der Meinung, dass 'time-restricted feeding' (TRF), also zeitlich begrenzte Nahrungsaufnahme, die bestwirksame Intervallfasten-Methode ist, da sie auf die chronobiologischen Rhythmen des Körpers Rücksicht nimmt. Ich halte es daher für wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Ergebnisse nicht auf TRF wie etwa 16:8 zu übertragen sind."

Und er merkt weiter an, dass zwar die Kalorienrestriktion an sich als Mittel zum Gewichtsverlust in immer mehr klinischen Studien belegt wird. "Aber im humanen freiwilligen Kontext funktioniert diese Form der kalorischen Restriktion nicht. Verminderte Kalorienzufuhr erreicht keine nachhaltige Compliance, dies wird auch durch das Scheitern von Diäten gut belegt. Demgegenüber scheint die Compliance von TRF nach bisherigem Kenntnisstand relativ gut."

Fragwürdige Probanden-Auswahl

Stefan Kabisch, Studienarzt in der Klinik für Endokrinologie und Stoffwechselmedizin am Deutschen Zentrum für Diabetesforschung, betont, dass die Studiendauer von drei Wochen ausreichend ist, um schnell veränderliche Stoffwechselvariablen zu untersuchen. "Allerdings sind Aussagen zur langfristigen Wirksamkeit, zu verzögerten Nebenwirkungen und zur Compliance unter Normalbedingungen in dieser kurzen Zeitspanne kaum möglich."

Er kritisiert auch, das nur schlanke Probandinnen und Probanden ausgewählt wurden: "Wenn man Stoffwechselverbesserungen und Gewichtsabnahme zeigen will, sind gesunde, normalgewichtige Personen die denkbar schlechteste Wahl. Gesunde Übergewichtige wären definitiv besser geeignet. Die Studienaussage ist daher nur mit Einschränkungen zu bewerten."

Methodische Einschränkungen

Dieser Einschätzung schließt sich auch Tilman Kühn, Lecturer an der Queen's University Belfast, an. Er sieht eine methodische Einschränkung in der relativ kleinen Gruppengröße sowie deren Heterogenität. Denn die Altersspanne war ziemlich breit gestreut, von 18 bis 65 Jahren, und die Männer- und Frauenanteile waren unterschiedlich. Und er betont: "Obwohl die Forschenden selbst das alternierende Fasten für alltagstauglich halten, weisen längere Studien über ein oder zwei Jahre bislang nicht auf eine gute beziehungsweise im Vergleich zu herkömmlichen Diäten bessere mittelfristige Umsetzbarkeit hin."

Es heißt also weiterhin Kalorien reduzieren und Bewegung steigern, wenn man Gewicht und Körperfett reduzieren will. Intervallfasten allein ohne begleitende Maßnahmen ist mit wenig Aussicht auf Erfolg gekrönt. (Pia Kruckenhauser, 16.6.2021)