Ein Bild aus dem Archiv: Österreichische Soldaten in Afghanistan im Jahr 2005. Im Jahr 2021 heißt es endgültig Rückmarsch.

Foto: APA/BUNDESHEER

Der letzte österreichische Soldat verlässt Afghanistan und kommt am Freitag zurück. Wie das Bundesheer am Mittwoch mitteilte, werden mit 18. Juni "alle Personen retour" sein. Auch logistische Maßnahmen (Rückführung von Geräten, Material et cetera) sollen bis Mitte Juli abgeschlossen sein. Damit endet der fast 20-jährige Einsatz Österreichs in Afghanistan – künftig werden keine Soldaten mehr im Rahmen der Nato-"Partnerschaft für den Frieden" dorthin entsandt.

Zuletzt war noch ein Bundesheerangehöriger in dem Land am Hindukusch. Im April waren die Österreicher noch zu sechzehnt, und im Mai bereits nur mehr zu vierzehnt im Bereich der Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte tätig. Der Großteil war in Mazar-i-Sharif in Nordafghanistan, im Camp der deutschen Bundeswehr, im Einsatz. Die Aufgaben waren beratend und unterstützend, die Soldaten beteiligten sich nicht aktiv an Kampfhandlungen.

Keine genaue Erhebung

In den 20 Jahren gab es keine österreichischen Opfer. Wie viele Österreicher allerdings genau seit Beginn der Einsätze 2002 in Afghanistan waren, kann das Bundesheer nicht beziffern. Dies zu erheben sei aufgrund der häufigen Rotationen zu aufwendig, erklärt der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Oberst Michael Bauer, auf STANDARD-Nachfrage. Soldaten seien jeweils für ein halbes Jahr entsandt worden. Den Höchststand mit rund 100 Personen hatte die österreichische Beteiligung im Jahr 2005 erreicht. Neben Ausbildungstätigkeiten hätten die Österreicher auch Friedenssicherungseinsätze ausgeführt. Etwa half das Bundesheer dabei, Parlamentswahlen zu sichern.

Die österreichische Beteiligung an der Nato-Mission stehe in keinem Widerspruch zum Neutralitätsprinzip, erklärte Bauer. Denn dazu müsste sich Österreich dem Bündnis anschließen, fremde Soldaten auf eigenem Boden stationieren oder sich an einem Krieg beteiligen. Der Konflikt in Afghanistan gelte völkerrechtlich allerdings nicht als Krieg. Damit ist wohl die Tatsache gemeint, dass das Völkerrecht das Wort Krieg als eine Auseinandersetzung zwischen zwei Staaten definiert.

Die Partnerschaft ermögliche den Partnern hingegen eine individuelle Beziehung zur Nato – je nach den Bedürfnissen der Partnerländer, so Bauer. Für Österreichs Soldaten seien die Auslandseinsätze eine wichtige Station im militärischen Werdegang, wo alles Erlernte zum Einsatz komme. Militär, allen voran die Ausbildung, ist heute international, begründet Bauer den Nutzen der Nato-Partnerschaft für Österreich. Auch Eurofighter-Piloten würden beispielsweise in Italien ausgebildet.

Internationaler Truppenabzug

Die Regierung des damaligen US-Präsidenten Donald Trump hatte im Februar 2020 in Doha ein Abkommen mit den radikalislamischen Taliban geschlossen, um den längsten Kriegseinsatz der US-Geschichte zu beenden. Die USA sowie die gesamte Nato begannen dann Ende April mit ihrem Truppenabzug. Die 10.000 Soldaten der Ausbildungsmission "Resolute Support" sollen Afghanistan bis zum 11. September verlassen haben. Das ist der 20. Jahrestag der Terroranschläge auf New York und Washington.

Die Anschläge von 9/11 hatten zur US-Invasion in Afghanistan geführt. Die Nato sicherte Afghanistan am Montag bei ihrem Gipfel mit US-Präsident Joe Biden auch nach dem Abzug weitere Unterstützung zu. Wie sich die Sicherheitslage entwickeln wird, ist nach Ansicht von Experten unklar. Beobachter befürchten allerdings, dass der internationale Truppenabzug Afghanistan in neues Chaos stürzen könnte. (fmo, APA, 16.6.2021)