Ein Straßenschild wurde von Unbekannten beklebt.

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Salzburg – In der Vorwoche ist in der Stadt Salzburg der Bericht einer Historikerkommission über NS-belastete Straßennamen präsentiert worden. In 13 Fällen stellten die Wissenschafter fest, dass die Verstrickungen der Namenspaten mit den Nationalsozialisten derart gravierend waren, dass auch über eine Umbenennung diskutiert werden sollte. Eine offene Debatte darüber dürfte es nun aber nicht geben. Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) hat sich bereits klar deklariert: Alle Namen bleiben.

Wie die "Salzburger Nachrichten" am Mittwoch berichteten, ist Preuner die politische Mehrheit für seine Linie im Gemeinderat sicher. Die FPÖ hatte sich schon vor der Vorstellung des Berichts gegen Umbenennungen ausgesprochen, die Neos am Tag der Präsentation: "Nur die Anbringung von Zusatztafeln kann für die notwendige Aufklärung sorgen. Die Löschung dieser Namen kann dies nicht bewerkstelligen und würde nur den in Österreich gängigen Verdrängungsmechanismus bedienen", teilte Neos-Gemeinderat Lukas Rößlhuber damals mit.

Am Ergebnis der Historikerkommission nicht rütteln

Stadtchef Preuner sagte gegenüber den "SN", am Ergebnis der Historikerkommission nicht rütteln zu wollen. Mit ihm werde es aber keine Umbenennungen geben. Er wolle "für die nächsten Generationen die Geschichte aufarbeiten". Wo welche Form einer Erläuterung – etwa in Form einer Zusatztafel – gewählt wird, dafür soll nun erneut ein Historiker die Entscheidungsgrundlage liefern. Preuner hat den Geschichtswissenschaftler Robert Kriechbaumer – er war nicht Teil der Historikerkommission – beauftragt, über den Sommer eine Empfehlung abzugeben.

Auf keine Freude stieß die Ansage des Stadtchefs bei der SPÖ und bei der grünen Bürgerliste. SPÖ-Vizebürgermeister Bernhard Auinger zeigte sich am Mittwoch nach wie vor davon überzeugt, zumindest nicht ohne einzelne Namensänderungen auszukommen, die Bürgerliste forderte heute erneut die Umbenennung aller 13 Straßen. "Ich halte es für spannend, dass sich viele Fraktionen bereits Stunden nach der Berichtspräsentation festgelegt haben – ohne den 1.100 Seiten starken Bericht im Detail gelesen zu haben. Das wirft ein unglückliches Bild auf die Stadt. Die Debatte wird ja nicht nur hier geführt, sondern in Österreich und auch international verfolgt", sagte Auinger.

Er gehe davon aus, dass der Bürgermeister dennoch das Gespräch mit allen Fraktionen suchen werde. "Die Kulturabteilung wird im Herbst sicher keinen Amtsbericht ausarbeiten, wo man vorher schon weiß, dass er keine Zustimmung finden wird." Überrascht zeigte sich der Vizebürgermeister von den Neos. "Die haben im Vorjahr eine Umbenennung der Stelzhamerstraße in Marko-Feingold-Straße verlangt, bei den NS-Straßen wollen sie jetzt nichts tun."

Sehr prominente Namen

Bürgerlisten-Klubobfrau Ingeborg Haller sagte, dass die Haltung des Bürgermeisters den Ergebnissen des Historikerberichts nicht gerecht werde. "Preuner wird als derjenige in die Geschichte eingehen, der eine Aufarbeitung verhindert hat. Die Ehrung von Personen, die mit dem NS-Regime verstrickt waren, mit Straßennamen tut der Stadt nicht gut."

Unter den 13 Straßennamen – die Historikerkommission empfahl eine Klärung, ob etwa das Anbringen einer Erläuterungstafel reicht oder die Straße umbenannt werden soll – finden sich auch sehr prominente Personen: etwa der Dirigent Herbert von Karajan, der Automobilkonstrukteur Ferdinand Porsche oder der Gründer des Salzburger Adventsingens, Tobias Reiser.

Unterdessen haben sich Anrainer der Heinrich-Damisch-Straße – auch der Name eines der Mitbegründers der Salzburger Festspiele findet sich auf der Liste – an die Stadt gewandt. Unbekannte haben in den vergangenen Tagen ein Straßenschild mit einem Aufkleber versehen. "Rassistische Kackscheisse" ist darauf zu lesen. Das Schild soll nun umgehend gereinigt werden. (APA, 16.6.2021)