Clara Liepsch mit Riesensteak: Riecht der Ballgäste-Fleischgatsch nicht herrlich?

Foto: Matthias Heschl

Wien – Verhältnismäßig niedertourig kommt Lydia Haiders neuester Streich daher. Am Ball. Wider erbliche Schwachsinnigkeit heißt das nun im Wiener Schauspielhaus uraufgeführte Stück, in dem sich die Autorin einmal mehr am rechten Gesinnungsrand des Landes abarbeitet: Sie schickt ihre Erzählerin auf den FPÖ-Akademikerball.

Was diesem Haider-Text an Exzentrik (Wortspiele, ungewöhnliche Satzstrukturen) fehlt, macht Darstellerin Clara Liepsch mit dramatischen Posen und maximal künstlicher Artikulation mehr als wett. Sie spreizt die Finger wie Krallen, gefriert im Lachen ihr Gesicht zur Grimasse, wippt von einem Bein im Overkneestiefel lasziv auf das andere.

"Das Pult gibt allen Schutz, die Bühne verleiht allen Größe", nimmt sie mit in den Festsaal der Hofburg, wo es sie angesichts des Gesagten mehrmals würgt. Auf der Feststiege sprudeln den Gästen Blutfontänen aus den Körpern, beim Tanzen schält sich ihnen die Haut ab. Gschmackig! Doch auf die Dauer ist diese Horrorshow nicht nur ziemlich spannungslos, sondern bringt als Aneinanderreihung rechter Klischees zudem leider keinerlei Erkenntnisse.

Bravourös, aber zu lang

Micha Kaplan untermalt den Abend mit einer tollen dramatischen Musikauswahl, Bühnenbildnerin Maria Strauch hat sich als Requisiten ein großes Stück Fleisch und einen ebenso großen Marmorpenis ausgedacht. Regisseurin Evy Schubert verquickt diese clever mit dem Text, der Penis steht etwa für alte Generäle, die der Frau zu nahe kommen.

Die Premiere dauerte eine halbe Stunde länger als angekündigt. Liepsch vollbringt während dieser Zeit Hochleistungstheater, arbeitet sich mal zischend, mal schreiend, mal ironisch, mal arrogant voran. Angesichts der Schwächen des Textes nützt sich der bravouröse Einsatz aber ab, so ist der Abend letztlich auch viel zu lang. (wurm, 16.6.2021)