Die Gemeinschaftsräume in den Stockenwerken sind der Treffpunkt für die Hausbewohner, die psychische Erkrankungen haben und teilweise obdachlos waren.

Foto: Stefanie Ruep

Frau S. stand zwölf Jahre lang auf der Warteliste für einen Platz im betreuten Wohnen. Selten waren Plätze frei, und meistens wollte sie auch gar nicht drinnen in einem Zimmer schlafen. Die 69-Jährige war lange Zeit obdachlos und übernachtete draußen in einem Stiegenaufgang in der Stadt Salzburg. Bis ihr Platz zum Tatort wurde. Mitten in der Nacht, während sie schlief, wurde Frau S. von einem unbekannten Mann verprügelt und schwer verletzt.

Nach dem Krankenhausaufenthalt konnte S. im Albertus-Magnus-Haus untergebracht werden. Das ehemalige Altenheim wurde 2018 zu einer Einrichtung der Caritas für betreutes Wohnen für Menschen ab 45 Jahren mit chronisch-psychischen Erkrankungen. Bei Frau S. wurde eine paranoide Schizophrenie diagnostiziert, die nun auch medikamentös behandelt wird.

Wie sie leben in Salzburg einige Menschen auf der Straße, die psychisch krank sind. Neben dem Albertus-Magnus-Haus können auch in der Altenpension in Elsbethen psychisch kranke Menschen adäquat betreut werden. Insgesamt sind knapp 60 Plätze in der Stadt Salzburg vorhanden. Etwa 80 Personen stehen derzeit auf der Warteliste für einen Platz in einem der beiden Häuser.

Jede Klientin und jeder Klient hat ein eigenes Zimmer. Jedes Stockwerk ist eine Wohngruppe mit einem gemeinsamen Aufenthaltsraum und einer Küche, in der auch gemeinsam mit den Bezugsbetreuern jeden Tag gekocht wird. Einmal im Monat kommt ein Psychiater zur Visite ins Haus. Der Wahlarzt wird über Spenden finanziert, da die Kassenärzte voll belegt sind.

Begleitung vor Einzug

Zudem gibt es eine Aufnahmebegleitung. Die betroffenen Frauen und Männer werden schon frühzeitig in ihren Wohnungen oder auf der Straße besucht und an die Einrichtung angebunden. Es erfolgt ein Beziehungsaufbau mit dem Betreuer, was den Einzug erleichtern soll. Etwa 60 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner waren vorher obdachlos, rund 40 Prozent sind alkoholkrank, was oftmals mit der psychiatrischen Erkrankung einhergehe, erläutert Hausleiter Andreas Marcinko. Die Grunderkrankung sei oftmals eine psychische oder psychiatrische, der Alkohol werde von einigen als Selbstmedikation eingesetzt.

"Viele fallen aus den Systemen raus wegen ihrer Erkrankung", sagt Marion Kreidenhuber, Einrichtungsleiterin der Altenpension. Sie nutzen keine Anlaufstellen, halten es in Notunterkünfte meist nicht aus, leben Jahre auf der Straße und seien scheu, Hilfe anzunehmen. Einige würden sich von einem Psychiatrieaufenthalt zum anderen retten und dazwischen irgendwie versorgen, erklärt Kreidenhuber. Manche Personen auf der Warteliste würde man sieben oder acht Jahre lang nicht sehen, und plötzlich tauchen sie wieder auf. "Es sind Überlebenskünstler", sagt Marcinko.

Das Besondere an den Einrichtungen der Caritas, die einen Zufluchtsort bieten: "Es wird auf den individuellen Lebensstil Rücksicht genommen und die Leute nicht in ein Schema hineingepresst von der Körperhygiene bis zum Tagesablauf", betont Kreidenhuber. Alkoholkonsum ist nicht verboten, wird aber mit den Betroffenen verhandelt. "Wir sind da, aber drängen ihnen nichts auf." Freiwilligkeit sei das oberste Prinzip.

Kriterien für Altenheime

Der Andrang auf die vorhandenen Plätze und damit die Liste der Wartenden könnte noch größer werden. Denn seit einem halben Jahr nehmen die städtischen Seniorenwohnhäuser keine Menschen mit psychischen Erkrankungen oder Alkoholkranke mehr auf. Die Plattform Psychiatrien bezeichnete die im Dezember von einer breiten Mehrheit im Gemeinderat beschlossenen Aufnahmekriterien als "stigmatisierend und diskriminierend".

Im Juni hat die Stadt Salzburg eine Befragung gestartet, die die Bedürfnisse von obdachlosen Frauen mit psychischen Erkrankungen erheben soll. Viele der Frauen pendeln zwischen kurzzeitigen Aufenthalten in der Klinik, Privatzimmern, Notschlafstellen und prekären Unterkünften wie Abbruchhäusern, Hauseingängen oder Altpapiercontainern. Vermutlich ist nur eine Minderheit in ärztlicher Behandlung. Ziel der Befragung unter den Sozialarbeitern in der Wohnungslosenhilfe und Psychiatrie ist es, den Bedarf zu erheben. Ergebnisse werden für Ende August erwartet.

Frau S. hat ihr Zimmer im Albertus-Magnus-Haus mittlerweile gut angenommen und bezeichnet es als Zuhause. Auch wenn sie an manchen Tagen noch nicht in ihrem Zimmer, sondern im Stiegenhaus schläft. Aber eben in einem Haus auf einem bequemen Ohrensessel statt auf der Straße. (Stefanie Ruep, 17.6.2021)