Der Durst profitiert von Sportereignissen wie der Europameisterschaft. Für die Produktivität am Arbeitsplatz sind große Sportereignisse nicht immer optimal – auch, aber nicht nur wegen des Dursts.

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Fußball und das große Geld gehören zusammen wie Ski und Skischuh. Nicht nur im Vereinsfußball, wo immer höher steigende Umsätze aus TV-Geldern und Sponsoring für immer höhere Spielergehälter und -ablösen sorgen, geht es um viel Geld. Die Europameisterschaft 2016 in Frankreich hat dem europäischen Fußballverband Uefa mehr als 1,9 Milliarden Euro Umsatz eingespielt. Die Euro 2020 hätte noch einmal mehr bringen sollen, dann kam Corona – und man wird sehen, wie schwer die Pandemie auf den Umsätzen lastet.

Aber nicht nur für die Fußballbranche ist die Corona-Europameisterschaft gänzlich anders als ihre Vorgängerturniere. In vielen Branchen klingeln die Kassen, wenn Europa um die Fußballkrone rittert. Wie stark die Corona-Pandemie das Geschäft heuer beeinträchtigt, ist noch nicht genau abzuschätzen.

Online-Wetten boomen

Gut läuft jedenfalls das Geschäft mit den Onlinewetten. "Nach unserer Erfahrung hat ein Jahr mit einem sportlichen Großereignis wie EM vom Umsatz her betrachtet 'einen Monat mehr'", heißt es etwa von der Österreichischen Vereinigung für Wetten und Glücksspiel (OVWG). Hinsichtlich Covid-19 habe sich gezeigt, dass die Euphorie im Vorfeld etwas gedämpft war. "Auch haben wir festgestellt, dass das Wettgeschäft etwas später gestartet ist, als es bisher immer der Fall war", sagt ein OVWG-Sprecher.

Einen positiven Effekt von Großveranstaltungen kennt auch der Sportartikelhandel. Dieser sei nur schwer messbar. "Aber aufgrund von Trikots, Werbeartikeln und so weiter schätzen wir, dass die EM einen positiven Effekt von zwei bis vier Prozent hat", sagt ein Branchenvertreter der Wirtschaftskammer (WKO). Je besser Österreich abschneidet, desto mehr Fanartikel verkauft die Branche im Land.

Kaum Events

Aber manche Unternehmen, die sonst gutes Geld mit Fußballevents machen, dürften heuer durch die Finger schauen. Ein Beispiel ist die Veranstaltungsbranche. Unter normalen Umständen sind Fußballturniere Zugpferde. Durch die diesjährige EM aber seien keine wirklichen Impulse zu erwarten, heißt es vonseiten der Kammer: "Große Public Viewings sind derzeit Corona-bedingt noch nicht möglich, diese verlagern sich in die Gastronomie oder den privaten Bereich."

Die Gastronomie wiederum freut sich über gut gefüllte Gastgärten. Besonders bei Österreich-Spielen sei die Reservierungslage gut, vorausgesetzt ein Gasthaus zeigt das Spiel auch. Allerdings kommen in der Gastronomie derzeit drei Effekte zusammen: Neben der Europameisterschaft locken auch gutes Wetter und die jüngsten Öffnungen in den Gastgarten.

Bier und Ball

Das gilt auch für den Getränkehandel. Die Umsätze im Bereich Bier und Getränke hängen von vielen Faktoren ab. Neben dem Wetter sind das etwa auch die Anzahl verlängerter Wochenenden und – sportliche oder kulturelle – Veranstaltungen. Steigt der Umsatz in den Fußballwochen, lässt das noch nicht zwingend Rückschlüsse auf einen EM-Effekt zu. Ob es ein Umsatzplus geben wird, ist eine andere Frage. In der Branche rechnet man nicht mit großen Ausreißern nach oben, die Menschen seien nach wie vor vorsichtig.

Dass Bier und Fußball bestens zusammenpassen, sieht auch Sigi Menz so: "Trotz der weiterhin bestehenden Mobilitätseinschränkungen und Corona-bedingten Zurückhaltung sorgt das Ereignis an sich für gute Stimmung bei Konsumenten und Gastronomen", sagt der Obmann des Verbands der Brauereien Österreichs.

Außenwirtschaft in Wembley

Österreichs Hotellerie erwartet sich freilich keine Auswirkung der EM aufs eigene Geschäft, in Österreich wird nicht gespielt. Höchstens in Salzburg und Umgebung könnten ein paar Gäste absteigen, die Tickets für ein Spiel in München haben, hört man von Branchenvertretern.

Vom Spielort München profitiert allerdings die heimische Außenwirtschaft, wenngleich dies nicht direkt an der EM liegt, wie man bei der Wirtschaftskammer betont. Die Münchner Allianz-Arena wurde 2019 von Zumtobel mit einer neuen Beleuchtung ausgestattet. Der Caterer Do & Co betreibt in dem Stadion den Gastronomiebereich sowie das Besuchermanagement, das Eventmanagement und das Anlagenmanagement.

Auch im Londoner Wembley-Stadion – einem weiteren Austragungsort der Europameisterschaft – findet sich eine rot-weiß-rote Note. Thorn Lightning UK, Teil der Zumtobel-Gruppe, hat dort Beleuchtungskonzepte installiert. Auch mit Stahl der Voestalpine wurde im Stadion gearbeitet.

Fußball am Arbeitsplatz

In Branchen, die nichts mit Fußball am Hut haben, mag man sich sogar ein bisschen freuen, dass die EM-Euphorie heuer nicht so groß ist. Studien zeigen nämlich: Fußballfans fällt es manchmal schwer, sich gänzlich auf die Arbeit zu konzentrieren, wenn nebenbei das Lieblingsteam spielt. (luis, 17.6.2021)