Wer sich die Forderungen des Antikorruptionsvolksbegehrens durchliest, hat bei fast jedem Punkt türkise Spitzenpolitiker oder ÖVP-nahe Beamte vor Augen. Saubere und transparente Verwaltung: "Du bist Familie." Unabhängige Justiz: "Das ist ein Putsch." Beachtung von Gerichtsentscheidungen: Exekutionsdrohung durch den Bundespräsidenten bei Finanzminister Gernot Blümel.

Es ist ein Volksbegehren, das sich nicht explizit gegen die ÖVP richtet, das aber die Verhaltensweise ihrer Politiker deutlich konterkariert. Immer mehr Menschen sehen hierzulande einen Anstieg von Korruption, wenngleich sie der Regierung überwiegend ein gutes Arbeitszeugnis gegen diese ausstellen. Das Potenzial für ein erfolgreiches Volksbegehren ist jedenfalls gegeben.
Für die ÖVP ist das riskant: Man kann gegen ein Antikorruptionsvolksbegehren kaum Stimmung machen; gleichzeitig ist man wohl bei fast jeder Unterstützungserklärung als Übeltäter mitgemeint. Die Strategen in der Parteizentrale und im Bundeskanzleramt haben sich daher offenbar auf die tödliche Umarmung als Strategie geeinigt: Nicht nur Kanzler (und WKStA-Beschuldigter) Sebastian Kurz, sondern auch der wild Staatsanwälte angreifende U-Ausschuss-Fraktionsführer Andreas Hanger unterstützen das Volksbegehren. Das nennt man Chuzpe. Wer aber glaubt, der Initiative so den Wind aus den Segeln nehmen zu können, irrt definitiv. (Fabian Schmid, 16.6.2021)