Eine Aluminiumdose in den Plastikmüll werfen? Nicht alle halten das für eine schlechte Idee.

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Möglichst wenig Müll trennen, um möglichst viel Müll zu trennen. Was auf den ersten Blick paradox klingt, ist der jüngste Vorstoß von Gemeindebund, Wirtschaftsbund und dem Verband Österreichischer Entsorgungsbetriebe. Gemeinsam fordern die Organisationen, die aktuelle Novellierung des Abfallwirtschaftsgesetzes (AWG) zu nutzen, um österreichweit einheitliche Regeln fürs Recycling zu schaffen. Im Szenario, das den drei Organisation vorschwebt, gibt es einen gelben Sack bzw. eine gelbe Tonne, in die dann alle Plastik- und Metallverpackungen geworfen werden.

Dahinter steckt die hinreichend belegte Einsicht, dass Mülltrennen bei den Menschen oft am Komfort scheitert. In Wien wurden bereits 2019 die gelbe und die blaue Tonne zusammengelegt – seither werden in der Hauptstadt Plastikverpackungen und Metallverpackungen in derselben Tonne gesammelt. Die Sammelmenge sei binnen eines Jahres um zehn Prozent gestiegen, heißt es vonseiten der Wiener Wirtschaftskammer (WKW). Die Menge der gesammelten PET-Flaschen nahm um mehr als ein Viertel zu.

Je sorgfältiger der Müll schon zu Hause getrennt werden muss und je weiter weg die Sammelstelle von der eigenen Wohnung ist, desto weniger sind die Leute motiviert, Müll auch wirklich zu trennen. Das Sortieren und Trennen der Abfälle, die in der gemeinsamen Tonne landen, würden "technologisch hocheffiziente Sortieranlagen" übernehmen, "um sie sortenrein dem Recyclingprozess zuzuführen", wie es in der Forderung heißt.

Sammelstelle zu Hause

Wo möglich, sollte das Müllsammeln von einem Bring- auf ein Holsystem umgestellt werden, heißt es weiter. Das heißt: Jeder Haushalt hätte nicht nur einen Restmüll, sondern auch eine gelbe Tonne oder den gelben Sack vor der Tür, auch der getrennte Abfall würde direkt abgeholt werden – der Weg zur Sammelstelle entfiele, Mülltrennen würde wesentlich komfortabler. "Das funktioniert bereits in einigen Bundesländern sehr gut und erhöht auch den Output an Wertstoffen deutlich", schreiben Wirtschaftsbund, Gemeindebund und der Verband der Entsorgungsbetriebe.

Beim Recycling steht Österreich passabel da, aber nicht hervorragend. Branchenkenner beklagen, dass Abfälle oft verbrannt – im Fachjargon: der Wärmeverwertung zugeführt – werden, obwohl sie zum Teil weiterverwertet werden können.

Gut liegt Österreich beim Papiersammeln. Die Recyclingquote beim Altpapier liegt zwischen 70 und 80 Prozent. Die Altpapiereinsatzquote – so viel Altpapier ist im Neupapier – der Papierproduktion liegt bei 52 Prozent. Gesammeltes Altglas wird zur Gänze wiederverwertet, die von Brüssel vorgegebene Recyclingquote von 75 Prozent bis 2030 wird bereits übererfüllt.

Unter den Vorgaben

Bei Kunststoffverpackungen liegt Österreich allerdings weit unter den europäischen Vorgaben. Bis 2025 sollen 50 Prozent der Kunststoffverpackungen recycelt werden, für 2030 liegt die Zielvorgabe bei 55 Prozent. Österreich führt derzeit nur 25 Prozent der Kunststoffverpackungen der Kreislaufwirtschaft zu.

Da geht mehr, ist man sich beim Wirtschaftsbund sicher. "Unser Ziel muss sein, so viele Wertstoffe aus dem Restmüll zu filtern wie nur möglich", sagt Carmen Jeitler-Cincelli, stellvertretende Generalsekretärin des Wirtschaftsbunds. "Von West bis Ost, egal ob in der Stadt oder auf dem Land, wir brauchen ein verständliches und einheitliches System." Derzeit gibt es 13 verschiedene Sammelsysteme in Österreich.

Alternativen

Es gibt aber auch andere Ansätze, um Abfall zu vermeiden. Einer ist das von den Grünen befürwortete, aber dafür von Wirtschaftsvertretern ungeliebte Pfand etwa auf Plastikflaschen. Die Wiener Kammer erwidert, dass Plastikflaschen ohnehin viel häufiger gesammelt würden als andere Kunststoffabfälle, das Plus durch ein Pfand würde laut Kammer nur einen kleinen Teil zu den notwendigen 90.000 Tonnen Kunststoff, die es laut EU zusätzlich zu recyceln gibt, beitragen. Und: Ein Pfand belaste die Wirtschaft.

Einen wichtigen Impuls für die Kreislaufwirtschaft dürfte auch die EU-Kommission mit ihrem Vorhaben liefern, ab 2030 nur noch Kunststoffverpackungen am Markt zuzulassen, die vollständig recyclingfähig sind. Das erhöht den Druck auf Verpackungshersteller, ressourcenschonende und wiederverwertbare Produkte auf den Markt zu bringen.

Wichtig ist bei alledem, dass Sammelquoten bei Abfällen nicht mit Kreislaufwirtschaft gleichgesetzt werden. Knapp weniger als zehn Prozent des Ressourcenverbrauchs werden in Österreich aus der Kreislaufwirtschaft gedeckt. Es reicht nicht, Müll zu trennen. (luis, 17.6.2021)