Mit der Parkpickerl-Ausweitung werden 229.000 weitere Stellplätze in Wien kostenpflichtig. Länger als zwei Stunden dürfen ab März 2022 von 9 bis 22 Uhr dann nur noch Bezirksbewohner mit Pickerl parken.

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Ab März 2022 wird ganz Wien zur Kurzparkzone. Das kostenlose Abstellen von Fahrzeugen auf öffentlichen Stellplätzen – aktuell noch in vier Bezirken möglich – gehört dann der Vergangenheit an.

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Wien – Jahrelang hatten die Grünen in der Stadtregierung um die Ausweitung einer kostenpflichtigen Kurzparkzonenregelung auf ganz Wien gekämpft. Bei einzelnen Bezirkschefs bissen sie aber da auf Granit. Gelungen ist das jetzt unter der roten Verkehrsstadträtin Ulli Sima, die das neue Modell am Donnerstag mit dem pinken Juniorpartner und vier SPÖ-Bezirksvorstehern präsentierte. In Kraft treten wird das Parkpickerl in allen Bezirken Wiens am 1. März 2022.

Zehn Euro pro Monat fürs Parkpickerl

Ausnahmen gibt es nur für wenige nicht oder nur schwach besiedelte Grün- und Randbereiche wie den Bisamberg oder den Nationalpark Donau-Auen sowie Industriezonen in Liesing. Die Dauer der Kurzparkzonen wurde einheitlich auf 9 bis 22 Uhr (von Montag bis Freitag) festgelegt. Die maximale Parkdauer ohne Parkpickerl beträgt zwei Stunden. Kosten wird das Pickerl künftig zehn Euro pro Monat beziehungsweise 120 Euro pro Jahr – exklusive einer Verwaltungsabgabe, die zwischen 39,90 und 50 Euro beträgt. Beantragt werden kann es nur von Wienerinnen und Wienern für ihren Bezirk, nicht aber von Pendlern oder Besuchern. Sima sprach von einem "Meilenstein" und einem "großen Wurf", der gelungen sei. Dem pflichtete Neos-Klubchefin Bettina Emmerling bei.

Vier Bezirke noch pickerlfrei

Derzeit gibt es bereits in 19 von 23 Bezirken eine Pickerlregelung – wobei in Simmering nur Teile des Bezirks darunterfallen. Nur die großen Bezirke Donaustadt und Floridsdorf sowie Liesing und Hietzing sind aktuell noch pickerlfrei.

229.000 öffentliche Parkplätze werden kostenpflichtig

Die Bedeutung dieser letzten Ausweitung ist aber immens, die Auswirkungen für Anrainer wie für Pendler massiv: Die Parkpickerl-Fläche wird sich mit den vier fehlenden Bezirken sowie dem restlichen Teil Simmerings verdoppeln: Insgesamt werden 229.000 weitere Parkplätze kostenpflichtig, wie es auf Anfrage zum STANDARD hieß. Derzeit sind es 244.000 Parkplätze in den bisherigen Pickerl-Bezirken.

Mit der neuen einheitlichen Regelung kommen auch Änderungen auf Autofahrer in jenen Bezirken außerhalb des Gürtels zu, die bereits ein Parkpickerl haben: Dort gilt derzeit eine Kurzparkzeit von neun bis 19 Uhr für drei Stunden. Und es wird für sie auch teurer: Statt 7,50 Euro im Monat werden ab März 2022 zehn Euro fällig. Statt der Sonderregelung um die Stadthalle wird es laut Sima eigene Anrainerparkzonen geben.

Konsequenzen hat die Ausweitung auch für Pendler: Sima erinnerte daran, dass von derzeit 300.000 Einpendlern pro Tag nach Wien etwa 200.000 mit dem Auto in die Stadt kommen. Diese können ihre Fahrzeuge künftig nicht mehr auf kostenfreien Parkplätzen in pickerlfreien Bezirken abstellen. Eine große Herausforderung wird auf die Umlandgemeinden in Niederösterreich zukommen – sofern Pendler dort auf Öffis umsteigen.

Kritik an Niederösterreich

Donaustadts Bezirkschef Ernst Nevrivy (SPÖ) meinte: "Ich sage zu Pendlern: Herzlich willkommen in der Donaustadt. Aber kommt bitte mit Öffis." Er rechnete damit, dass auch in Schwechat ein Parkpickerl kommen wird. Floridsdorfs Bezirksvorsteher Georg Papai (SPÖ) übte Kritik an Niederösterreich: "Die Umlandgemeinden haben zu wenig getan." Schließlich sei absehbar gewesen, dass das Pickerl ausgeweitet werde – und zusätzliche Park-and-Ride-Anlagen nötig seien. Sima und Emmerling betonten den Ausbau von bundesländerübergreifenden Öffis, zum Beispiel Straßenbahnen nach Schwechat oder Kaltenleutgeben. Der Bund müsse hier aber unterstützen.

Manfred Juraczka (ÖVP) sprach angesichts der Pickerl-Ausweitung von "Abzocke" und forderte mehr Lenkungseffekte. Dabei wurde das Parkpickerl in Liesing etwa von den Türkisen im Bezirk unterstützt. Wenig begeistert zeigte sich Hietzings Bezirkschefin Silke Kobald (ÖVP), auch wenn sie den Beschluss in ihrem Bezirk mittragen wird. Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp sowie Verkehrssprecher Anton Mahdalik nannten das Parkpickerl ein "gelebtes Raubrittertum" und forderten 25.000 Park-and-Ride-Plätze in Wien. Die Grünen bezeichneten die Ausweitung "besser als nichts" – wollen aber kleinere Parkzonen innerhalb der Bezirke. Die Ärztekammer forderte, dass niedergelassene Ärztinnen und Ärzte vor ihrer Ordination parken können.

2019 betrugen die Parkeinnahmen in Wien 123 Millionen Euro. Diese sind zweckgewidmet und kommen großteils dem Öffi-Ausbau sowie Verbesserungen zugute. (David Krutzler, 17.6.2021)

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