Ein Paragleiter sorgte beim EM-Schlager zwischen Deutschland und Frankreich für einen Schreckmoment.

Foto: AFP/FRANCK FIFE

Fluglehrer Bruno Girstmair war schockiert ob der Bilder aus dem Münchner EM-Stadion.

Foto: privat

Geplant war es als Protestaktion, geendet hätte es beinahe in einer Tragödie. Kurz vor dem Anpfiff der EM-Vorrundenpartie Frankreich gegen Deutschland kam ein Greenpeace-Aktivist mit einem Paragleiter von außerhalb des Münchner Stadions in die Arena geflogen, geriet ins Taumeln und rauschte nur knapp an einer Tribüne vorbei.

Nach Angaben der Polizei wurden bei der Aktion zwei Personen jeweils am Kopf verletzt. Der Pilot hatte mit seinem Schirm ein Tragseil der hoch über dem Spielfeld schwebenden Kamera gestreift. Letztendlich musste er eine spontane Notlandung auf dem Rasen umsetzen, mehrere deutsche Spieler und ein Schiedsrichterassistent konnten gerade noch rechtzeitig aus dem Weg gehen.

Flugschulleiter: "Glück gehabt"

"Mir fehlen die Worte. Das ist ein absolutes No-Go", sagt Bruno Girstmair, Leiter der Flugschule Lienz in Osttirol, die neben Gleitschirmkursen und Tandemflügen auch motorisiertes Paragleiten lehrt. Auf dem Video sieht man, "wie die Kappe des Gleitschirms plötzlich nach vorn schießt und es Anzeichen gibt, dass sie auf die rechte Seite einfällt. Der Pilot hatte kaum noch Macht über den Schirm, reißt aber die Kurve rein, als er merkt, dass er auf die Zuschauer zufliegt. Glück gehabt", sagt Girstmair zum STANDARD.

Die Umweltorganisation wollte gegen EM-Sponsor VW protestieren. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte rechtliche Konsequenzen an, sah "kein Kavaliersdelikt", Greenpeace entschuldigte sich via Twitter.

Aktion für DFB "nicht hinnehmbar"

Für den Deutschen Fußball-Bund (DFB) ist die Aktion "nicht hinnehmbar". Für Girstmair ist ein Flug über oder in ein volles Stadion "ein absolutes Tabu. Das ist wie ein Kessel. Sommerliche Temperaturen und wechselnde Windverhältnisse können zu Turbulenzen führen."

Für motorisierte Gleitschirmflieger gibt es wie etwa für Helikopter eigene Fluggebiete und genehmigungspflichtige Start- und Landeplätze. "René Benko wollte einmal von seinem Ferienhaus in Seefeld mit dem Helikopter nach Meran zu einem Meeting. Das haben sie ihm natürlich untersagt. So einfach geht das nicht", sagt Girstmair. Er sieht seine Branche zu Unrecht in Verruf gebracht, "die große Mehrheit fliegt korrekt". Gar nicht ausmalen will er sich, was alles möglich wäre: "In Sri Lanka wurden im Bürgerkrieg Gleitschirme mit Sprengstoff eingesetzt." Die Polizei war laut Greenpeace über die Aktion informiert. Der deutsche Innenminister Joachim Hermann (CSU) sagte aber auch, "dass es ganz anders hätte ausgehen können, auch für den Piloten, wenn die Polizei zur Einschätzung gelangt wäre, es handle sich um einen Terorranschlag. Die Scharfschützen hatten ihn bereits im Visier."

Deutscher Fehlstart

Eine sportliche Bruchlandung erlebte Deutschland gegen Frankreich. Nach einem defensiv ordentlichen, aber offensiv harmlosen Auftritt steht die Elf von Jogi Löw nach dem 0:1 bereits unter Druck. Für seine zu verhaltene Variante einer Dreier- und einer Fünferkette wurde der Bundestrainer kritisiert. Frankreich kann einen Gegner auch ohne Ball dominieren, eine diabolische Taktik. So wurde Frankreich bereits 2018 Weltmeister, oder wie Löw sagte: "Weltmeister im Verteidigen." (Florian Vetter, 17.6.2021)