Der Ibiza-Untersuchungsausschuss läuft im Juli aus, der Antrag auf Verlängerung erhielt nicht die notwendige Mehrheit im Nationalrat.

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Wien – Es war nur noch ein symbolischer Akt: Denn dass ÖVP und Grüne nicht für die Verlängerung des Ibiza-Untersuchungsausschuss stimmen würden, hatten die Koalitionsparteien schon länger angekündigt. Dennoch stellten SPÖ und Neos am Mittwoch im Nationalrat einen Antrag auf drei weitere Monate parlamentarische Untersuchung zum Thema "mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung", auch die FPÖ stimmte dafür.

Doch weil der Ausschuss schon einmal um drei Monate verlängert worden war, brauchten die Antragsteller für eine weitere Ausdehnung eine einfache Mehrheit – und die war gegen die Koalitionsparteien nicht zu erreichen.

"Wir sind noch nicht fertig"

Der Ausschuss sei von den "hemmenden, tricksenden, faktenbefreiten Kräften aus der ÖVP" blockiert worden, argumentierte die Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper laut Parlamentskorrespondenz. Die Abgeordneten brauchten noch Zeit, um erst kürzlich gelieferte Akten aus dem Finanzministerium oder dem Bundeskanzleramt zu bearbeiten.

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"Wir sind noch nicht fertig, wir haben noch nicht mal alle Akten und Unterlagen bekommen", sagte Kai Jan Krainer (SPÖ) dazu. Es sei pragmatisch, einen U-Ausschuss zu verlängern, wenn seine Arbeit noch nicht abgeschlossen ist.

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Koalition stimmt gegen Verlängerung

Die ÖVP argumentierte ihre Verweigerung, den Ausschuss zu verlängern, mit dem mangelnden Erkenntnisgewinn: Manche Auskunftspersonen seien bereits zweimal geladen worden, die Opposition arbeite destruktiv und reime sich Märchen zusammen, so der türkise Abgeordnete Klaus Fürlinger.

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Die grüne Klubchefin Sigrid Maurer sagte, dass die Grünen zwar für eine Verlängerung seien, aber aus Koalitionsräson nicht dafürstimmen könnten. Für drei Monate U-Ausschuss setze man die gemeinsame Regierung nicht aufs Spiel, sagte Maurer. Sie regte an, dass die Opposition einen neuen Untersuchungsausschuss mit gleichem oder ähnlichem Untersuchungsgegenstand einsetzen solle.

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Bures verteidigt Instrument

Die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) verteidigte das parlamentarische Kontrollinstrument gegen Angriffe aus den Reihen der ÖVP. Zuletzt sei versucht worden, dieses mit Begriffen wie "politische Löwinger-Bühne" oder "Unterstellungsausschuss" in "Misskredit" zu bringen, sagte sie bei einem Hintergrundgespräch. "Alles in allem" funktioniere die parlamentarische Kontrolle in U-Ausschüssen aber, sagte Bures.

Die seit 2015 geltende Verfahrensordnung, die von allen heute im Parlament vertretenen Parteien damals beschlossen wurde, biete eine "Balance zwischen Legislative und Exekutive". Bewusst sei darin kein Richter als Vorsitzender vorgesehen, weil ein parlamentarisches Kontrollinstrument "notwendigerweise" von einem Parlamentarier geleitet werden müsse, lehnt sie anderslautende Vorschläge ab.

Rauer Ton im Ausschuss? "Konstruiert", findet Bures

Um eine unabhängige Vorsitzführung sicherzustellen, seien "großzügige Vertretungsregeln" vorgesehen. Die Frage der Befangenheit sei bis dato auch nie ein Problem gewesen. Die Beurteilung dieser liege in der Verantwortung jedes einzelnen Vorsitzführenden, der auch dafür Sorge trage, dass das Vertrauen in das Parlament nicht erschüttert wird. Der derzeitige Vorsitzende, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), ist seit Beginn des aktuell laufenden Ibiza-Untersuchungsausschusses mit Kritik der Opposition konfrontiert, die ihn befangen sieht.

Den Vorwurf der aggressiven Tonalität und des rauen Umgangstons der Parlamentarier gegenüber den Auskunftspersonen bezeichnet Bures als "konstruiert". Die Novelle von 2015 biete einen "umfassenden Schutzschirm" für Auskunftspersonen. Vertrauenspersonen, Verfahrensanwalt, Verfahrensrichter und der Vorsitzende würden auf die Einhaltung der Persönlichkeitsrechte achten.

Und dass die Kosten der parlamentarischen Kontrolle von manchen ins Treffen geführt werden, überschreite "markante rote Linien". Etwa hatte ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger den U-Ausschuss wegen mangelnden Erkenntnisgewinns als "Steuergeldverschwendung" bezeichnet.

Aktenlieferungen als Problem

Eines der größten Probleme des aktuellen U-Ausschusses sei vielmehr die "schleppende, unvollständige und mit ungerechtfertigt strengen Geheimhaltungsklassifizierungen versehene Aktenvorlage". Hier brauche es einheitliche Schutzstandards. Etwa sollte die Klassifizierung von Informationen schon bei ihrer Erstellung erfolgen und nicht erst bei der Anforderung durch das Parlament, findet auch der Verfassungsjurist und langjährige Sektionschef im Bundeskanzleramt, Manfred Matzka. Zudem brauche es eine Novellierung des Bundesministeriengesetzes und eine Ergänzung des Archivgesetzes, damit digitalisierte Informationen verfügbar bleiben. (red, APA, 17.6.2021)