Ticker-Nachlese: Das waren die 90 Minuten gegen die Niederlande

Franco Foda ist der verbalen Wiederholung nicht abgeneigt, der österreichische Teamchef sagt praktisch vor jedem Spiel: "Wir müssen variabel sein, mutig auftreten, kompakt in der Defensive sein, die Außenbahnen abdecken, nach vorne entschlossen sein." Möglicherweise hat sein niederländischer Kollege Frank De Boer das nachrecherchiert, jedenfalls war er vor dem ÖFB-Team gewarnt. "Die spielen immer Vollgas."

Knapp: Das Foul von David Alaba im Strafraum.
Foto: APA/AP/WEEL

Es war ein lauer Donnerstagabend in Amsterdam, die Johan Cruyff Arena war sozusagen ausverkauft, allerdings waren corona-bedingt nur 16.000 Zuschauer gestattet. Das reicht nicht, um ein Hexenkessel zu sein, dem Gast, also Österreich, Furcht einzuflößen. Es wurde sogar vor Anpfiff "I am from Austria" eingespielt – Reinhard Fendrich ist immer dabei. Im Gegensatz zu Marko Arnautović.

Foda hätte ihn in die Startformation gestellt, wäre nicht die Sperre wegen Beleidigung dazwischen gekommen. Im Vergleich zum 3:1 gegen Nordmazedonien gab es folglich nur eine Änderung, Michael Gregoritsch stürmte anstelle von Sasa Kalajdzic. Weil er gegen Nordmazedonien getroffen hat und mit Selbstvertrauen angefüllt war. Kapitän David Alaba blieb Abwehrchef in der Dreierkette.

Die Auswahl begann gegen den Favoriten ordentlich. Es schien, als könnte sich Erfreuliches entwickeln. Wäre nur Alaba in der 9. Minute Denzel Dumfries nicht auf den Fuß gestiegen. Dummerweise im Strafraum. Schiedsrichter Orel Grinfeeld ließ zunächst weiterspielen, dann meldete sich VAR. Und nach dem Check gab es klarerweise Elfmeter, Bilder lügen nicht. Linker Fuß trat linken Fuß.

Trockener Depay

Dabei hat sich Alaba eh entschuldigt, die Gelbe Karte war ihm wurscht. Memphis Depay verwandelte staubtrocken, Goalie Daniel Bachmann war chancenlos (11.). Für Depay, er dient Olympique Lyon, war es bereits der 27. Treffer für Oranje.

Locker: Denzel Dumfries macht das 2:0.
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Alaba schätzt an den Niederländern "die Liebe zum schönen Fußball", und sie enttäuschten ihn nicht. Mit der Führung im Rücken und in den Beinen stillten sie ihre Gier nach Offensive, sie attackierte hoch, großartige Chancen kreierten sie allerdings kaum. Raum ließen sie den Österreichern keinen, das schnelle Umschalten war quasi nur in Hirngespinst.

Depay wirbelte durch die Reihen, der Ballbesitz war trotzdem ziemlich ausgeglichen, bei den Ballverlusten führte die ÖFB-Auswahl deutlich. Christoph Baumgartner buchte eine Halbchance, sein Schuss wurde von Matthijs de Ligt geblockt (27.). In der 40. Minute verpasste Depay die Entscheidung, einen derartigen Hochkaräter wird er vielleicht nie wieder vergeben. Halbzeitfazit: gerechter Rückstand.

Nach der Pause starteten die Österreicher mutiger, spritziger, sie versuchten tatsächlich, Druck zu erzeugen. Was ohne die nötige Präzision mit enormen Aufwand verbunden und irgendwie sinnlos ist. Der Zauber der Niederländer ließ trotzdem nach. Marcel Sabitzer wurde von seien Kollegen gesucht, nicht immer gefunden, trotzdem fraß der Leipzig-Legionär Kilometer, auch leere.

Tauschender Foda

Bachmann verhinderte mit einem tollen Reflex nach Kopfball von Stefan de Vrij das 0:2 (60.), Foda nahm unmittelbar darauf einen Doppeltausch vor, Florian Grillitsch und der zwei Meter große Kalajdzic kamen, Konrad Laimer und Gregoritsch gingen. Der Stürmer dürfte Selbstvertrauen abgebaut haben.

Immer in der gefühlten Überzahl: Die Niederlande.
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Die Niederländer legten wieder an Zauber zu. Das 2:0 war die logische Folge, Dumfries erzielte es nach Pass von Donyell Malen (67.). Ein schöner Weitschuss von Alaba (81.) verfehlte knapp den Sinn. Die Sieglosigkeit währt weiterhin 31 Jahre oder sieben Partien, von einem Riss der Serie war man sehr weit entfernt.

Das Team fliegt Freitagvormittag zurück ins Base Camp nach Seefeld, am Montag wird in Bukarest im letzten Gruppenspiel gegen die Ukraine gespielt. Mit Arnautović. Aufgrund der Tordifferenz reicht ein Remis nich für Platz zwei, der einen Fixplatz im Achtelfinale bedeutet. Allerdings kommen auch die vier besten Dritten weiter. Und das wäre man mit vier Zähler ziemlich gewiss. (Christian Hackl, 17.6.2021)

Die STANDARD-Spielanalyse mit Austria-Kapitänin Martina Mädl und Trainer Klaus Schmidt.
DER STANDARD

Fußball-EM – Gruppe C, 2. Runde:
Niederlande – Österreich 2:0 (1:0)
Amsterdam, Johan-Cruijff-Arena, 16.000 Zuschauer, SR Grinfeld (ISR)

Tore:
1:0 (11.) Depay (Elfmeter)
2:0 (67.) Dumfries

Niederlande: Stekelenburg – Dumfries, De Vrij, De Ligt, Blind (64. Ake), Van Aanholt (64. Wijndal) – De Roon (74. Gravenberch), Wijnaldum, F. de Jong – Weghorst (64. Malen), Depay (82. L. de Jong)

Österreich: Bachmann – Lainer, Dragovic (84. Lienhart), Alaba, Hinteregger, Ulmer – Baumgartner (70. Lazaro), Laimer (62. Grillitsch), X. Schlager (84. Onisiwo), Sabitzer – Gregoritsch (61. Kalajdzic)

Gelbe Karten: De Roon bzw. Alaba, Bachmann