Das New Yorker Metropolitan Museum restituiert das Porträtrelief eines Kriegers.

The Metropolitan Museum of Art

Vergangene Woche verlautbarte das Metropolitan Museum of Art in New York die Rückgabe dreier Kunstwerke an die nigerianischen Nationalsammlungen, darunter zwei am Hof von Benin im 16. Jahrhundert geschaffene Messingplatten. Ein in seiner Symbolik wichtiger Schritt. Vordergründig übernimmt das vom Österreicher Max Hollein geleitete Museum damit international eine Vorbildfunktion.

Seit die Debatte rund um die Restitution kolonialer Kulturgüter im zeitlichen Umfeld zur baulichen Fertigstellung des Humboldt-Forums in Berlin neu aufflammte, häufen sich Absichtserklärungen von institutioneller und politischer Seite. Im Mittelpunkt stehen dabei solche Objekte, die von den Briten bei ihrer Strafexpedition 1897 im Benin erbeutet wurden. Vieles landete damals in den eigenen, aber über den Handel teils auch in Beständen anderer Museen – und, nicht zu vergessen, in Privatsammlungen.

Die geplünderten Bronzen sowie Gegenstände aus Elfenbein und Messing sind gegenwärtig auf mindestens 160 Institutionen und Museen weltweit verteilt. Im März gab die Universität von Aberdeen, eine von 45 betroffenen britischen Institutionen, die Rückgabe der Skulptur eines Oba (Königs) bekannt. Ende April verkündete die deutsche Kulturstaatsministerin Monika Grütters "substanzielle Rückgaben" an Nigeria: Im Nachbarland sind 25 Museen davon betroffen.

Grütters’ Kalkül

Für Ende Juni ist eine Sitzung des Stiftungsrats der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, in dem Bund und Länder vertreten sind, anberaumt. Ein richtungsweisender Beschluss wurde angekündigt. Grütters’ Vorstoß und insbesondere die Eile werden dem Vernehmen nach in Expertenkreisen teils mit Zurückhaltung aufgenommen. Manch einer wähnt gar ein Kalkül im Hinblick auf die im Herbst anstehende Bundestagswahl.

Zurück nach New York, wo die Porträtreliefs eines Kriegers und eines Hofbeamten ihrer Abholung durch den Generaldirektor der nigerianischen Nationalkommission für Museen und Denkmäler harren. Sie waren zusammen mit rund 150 weiteren Benin-Objekten im Februar 1991 als Schenkung des Kunsthändlers Klaus Perls und seiner Ehefrau Amelia in den Bestand des Metropolitan gelangt.

Die Krux: Die beiden Relieftafeln waren nach ihrer Plünderung ursprünglich in der Sammlung des British Museum gelandet, das sie – zusammen mit 24 weiteren Gegenständen – Anfang der 1950er-Jahre dem Nationalmuseum in Lagos übergab. Von dort verschwanden die beiden Objekte jedoch zu einem nicht näher definierten Zeitpunkt und unter ungeklärten Umständen. Sie tauchten dann auf dem internationalen Kunstmarkt auf, wo sie Perls erwarb. Ein Beispiel, das wohl die Befürchtungen von Kritikern nährt, die vor voreiligen Rückgaben warnen.

Kopf eines Herrschers

Ein ähnliches Beispiel nennt die Königin von England in der Royal Collection ihr Eigen, wie Anfang dieser Woche bekannt wurde. Der einst bei der Strafexpedition beschlagnahmte Kopf eines Herrschers war in den 1950er-Jahren in London auf den Markt gekommen und von der Kolonialregierung für das geplante Nationalmuseum in Nigeria angekauft worden.

1973 bekam sie die Königin vom nigerianischen Präsidenten General Yakubu Gowon als Geschenk überlassen: aus Dankbarkeit für die britische Unterstützung während des Biafra-Bürgerkriegs 1967–70. Ob das Prachtexemplar seinen Weg in das neue Museum in Benin City findet, gilt es abzuwarten. (Olga Kronsteiner, 18.6.2021)