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Wien – Jörg Leichtfried, Mediensprecher der SPÖ, verlangt "dringend" Maßnahmen "gegen Inseratenkorruption und Message-Control, um Medien bei unabhängiger Berichterstattung zu unterstützen".

Der Vize-Klubobmann der SPÖ wirft Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vor, er habe "über Jahre ein System von Abhängigkeiten geschaffen". Seine Kommunikationsmannschaft zur "Message-Control" sei größer als die meisten Redaktionen. Er wolle "mit dreistelligen Millionenbeträgen Einfluss auf die Berichterstattung nehmen". Es brauche ein "Medienfreiheits- und Transparenzpaket", verlangt Leichtfried.

Der SPÖ-Mediensprecher zitiert das Antikorruptionsvolksbegehren: "Inseratenkorruption, politische Abhängigkeiten und (partei)politischer Druck auf Medien sind Gift für Demokratie und Rechtsstaat."

Werbung für 14 Millionen Euro buchten Kanzleramt und Ministerien im ersten Quartal 2021, ein Höchstwert seit 2012.

Inseratenstopp

News twitterte am Donnerstag, das Finanzministerium habe nach kritischer Berichterstattung über die türkise ÖVP-Führung alle Inseratenbuchungen bei der VGN-Magazingruppe gestoppt.

Und ein ehemaliger Österreich-Ressortleiter der Kronen Zeitung machte zunächst auf Facebook und dann gegenüber dem Falter seinem Ärger Luft über Sebastian Kurz und seine Erfahrungen mit dessen Medienstrategie: "Mit dem systematischen Einlullen und Gefälligmachen von Journalisten. Mit dem alten Spiel aus Geben und Nehmen (da eine exklusive Story, dort Publicity für den aufgehenden Politikstern). Diese Art von Verhaberung, deren Früchte heute ebenfalls unter der Message-Control durch euresgleichen firmieren."

"Systemische Korruption"

Im Falter erinnert Thomas Schrems aber auch an Werner Faymann (SPÖ), der bei der Krone ein und aus ging und wie Christoph Dichand kritische Berichterstattung über die stadteigene Wiener Wohnen mit Verweis auf Inseratenbudgets gestoppt habe.

Schrems grundsätzlich (in der Printvariante des Interviews): "Das Zusammenspiel von Boulevard und Politik in Österreich ist ein subtil gewobenes Geflecht der wechselseitigen Begünstigung, ein Sumpf aus systemischer Korruption."

Leichtfried fordert "Konvent für Medienfreiheit"

SPÖ-Mediensprecher Leichtfried will ein "Medienfreiheits- und Transparenzpaket" mit Zivilgesellschaft, Experten und Expertinnen und Opposition erarbeitet wissen. Er fordert einen "Konvent für Medienfreiheit".

Zentrales Thema dafür aus seiner Sicht: "Werbekampagnen und Inserate sollen dem öffentlichen Interesse dienen und nicht der Regierungspropaganda, dafür brauchen wir ein umfassendes Transparenzpaket."

Ministerien müssten Kommunikationspläne und Budgets vorlegen und im Nationalrat zur Diskussion stellen: "Es muss klar sein, warum Ministerien Inserate in welcher Höhe in welchen Medien mit welcher Zielgruppe schalten. Inserate dürfen nicht mehr freihändig vergeben werden", erklärt Leichtfried.

Höchstgrenzen für Öffentlichkeitsarbeit von Ministerien, wie vom Volksbegehren gefordert, will Leichtfried im Konvent diskutieren.

Die Presseförderung solle aufgestockt und, nach Qualitätskriterien, die Medienvielfalt erhalten werden.

Der Kanzler indes fördere Medienkonzentration, indem er die Fortführung der Wiener Zeitung infrage stelle.

Leichtfried unterstützt ausdrücklich die Forderung des Volksbegehrens, "den Versorgungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks den neuen technologischen Möglichkeiten anzupassen und um ein breites öffentlich-rechtliches Internetangebot zu erweitern".

Volksbegehren zum ORF-General

Das Volksbegehren verlangt auch, ORF-Generaldirektoren (wie den Rechnungshof-Präsidenten) für zwölf Jahre zu bestellen ohne Möglichkeit auf eine zweite Amtszeit. ORF-Stiftungsräte – die Mitglieder des obersten ORF-Entscheidungsorgans – sollten sich jährlich öffentlichen Hearings im Parlament stellen. Die Protokolle seien zu veröffentlichen. Der Stiftungsrat sei "zu entpolitisieren". (fid, 18.6.2021)