Zunehmende Überwachung am Arbeitsplatz ist kein exklusives Phänomen.

Foto: Canon Information Technologies

Der japanische Kamerahersteller Canon hat in den Büros seiner chinesischen Tochtergesellschaft Canon Information Technology Kameras mit KI-gestützter "Lächelerkennung" installiert. Mitarbeiter dürfen mithilfe dieser Überwachungsmethode nur dann Besprechungen buchen oder die Räumlichkeiten betreten, wenn sie glücklich aussehen. Das fand die "Financial Times" im Rahmen eines Berichts über die weitreichenden, KI-gestützten Überwachungsmaßnahmen chinesischer Unternehmen heraus.

Demnach werde mittels auf den Arbeitscomputern installierter Programme die Produktivität gemessen, und Überwachungskameras würden festhalten, wie lange die Angestellten Mittagspause machen. Mit Smartphone-Apps sollen ihre Bewegungen sogar außerhalb des Büros nachverfolgt werden.

Erhöhter Druck

Nick Srincek, Wissenschafter am Londoner King’s College, erklärte der Zeitung: "Nicht die Arbeiter werden durch Algorithmen und künstliche Intelligenz ersetzt. Stattdessen wird das Management durch ebendiese Technologien gewissermaßen ergänzt [...]. Sie erhöhen das Tempo für Menschen, die mit Maschinen arbeiten. Genauso wie während der Industriellen Revolution im 18. Jahrhundert."

Angekündigt wurde die "Lächelerkennung" offenbar schon vergangenes Jahr als Teil mehrerer neuer Arbeitsplatz-Management-Tools. Bisher wurde dem jedoch kaum Aufmerksamkeit geschenkt – eine Tatsache, die die weite Verbreitung vergleichbarer Überwachungswerkzeuge illustriere, berichtet "The Verge".

Kein exklusives Phänomen

Die oben beschriebenen Arten der Überwachung kommen jedoch nicht nur in China zum Einsatz. Immer wieder gerät insbesondere der US-amerikanische Handelsriese Amazon in die Kritik, weil Lagerarbeiter und auch Lieferfahrer überwacht werden, um die Produktivität zu maximieren. Erst im März wurde bekannt, dass die Paketauslieferer des Konzerns in den USA unter permanente Kameraüberwachung gestellt werden sollen. Dabei wird unter anderem die Identität des Fahrers, der genaue Fahrtweg, aber auch die Geschwindigkeit und Beschleunigung erfasst.

Während eine Unternehmenssprecherin die Maßnahmen mit dem Argument höherer Sicherheit rechtfertigte, dauerte es nicht lange, bis auch Kritik aufkam. Denn Fahrer müssen den Bedingungen zustimmen, ansonsten dürfen sie keine Pakete mehr ausliefern, berichtete "Vice". "Wenn ein Konzern zu seinen Mitarbeitern sagt, du lieferst uns jetzt biometrische Daten oder du bist gefeuert, dann ist das nicht einvernehmlich entschieden worden", äußert sich der US-amerikanische Anwalt Adam Schwartz auf der Website "cnet", der die Mitarbeiter in dieser Sache vertritt. "Wir sind enttäuscht, dass Amazon diesen Weg geht."

"Produktivitätsbewertung"

Aber auch moderne Software-Suiten wie Microsoft 365 haben etliche Überwachungs-Tools eingebaut. Dank der "Workspace Analytics" konnten Firmen die Aktivitäten der Anwender auswerten und sich eine "Produktivitätsbewertung" liefern lassen. Erst nach massiver Kritik ruderte das Unternehmen zurück und schaffte das Feature Ende letzten Jahres schlussendlich ab. (mick, 18.6.2021)