Das von Alexander Schallenberg angeführte Haus weist die Kritik zurück.

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Wien – Die EU-Staaten haben sich laut dem Außenministerium in Wien auf Wirtschaftssanktionen gegen Belarus verständigt. Die am Freitag erzielte Einigung trifft EU-Kreisen zufolge den Öl- und Gasbereich, die Telekommunikation, die Kali- und Phosphatherstellung und Tabakprodukte. Auch ein Waffenexportverbot und Restriktionen im Finanzsektor sind vorgesehen. Die Finanzsanktionen waren bis zuletzt umstritten – auch weil Österreich laut EU-Diplomaten dabei gebremst haben soll.

Konkret sehen die Restriktionen EU-Kreisen zufolge im Finanzsektor nun vor: keine neuen Kredite, ein Wertpapierhandelsverbot und ein Verbot von Investmentservices sowie ein weitgehendes Verbot von Exportkrediten. "Es war von Anfang an unser erklärtes Ziel, dass verhindert werden muss, dass Privateinlagen von diesen Sanktionen betroffen sind", hieß es dazu aus dem Außenministerium.

Österreich soll gebremst haben

Zuvor hatte ein Bericht des Nachrichtenportals "Politico" für Aufsehen gesorgt. Unter Berufung auf drei EU-Diplomaten schrieb das Medium am Donnerstag, Österreich sei bei einer relevanten Arbeitssitzung am Mittwoch bei Restriktionen im Finanzbereich auf die "Bremse gestiegen". Wien habe wegen des starken Engagements seiner Banken in Belarus Bedenken, meldete die Nachrichtenagentur AFP mit Verweis auf EU-Diplomaten.

Österreich zählt in dem osteuropäischen Land zu den größten Investoren hinter Russland, das liegt vor allem am Engagement der Raiffeisen Bank International (RBI) und von A1. Laut Wirtschaftskammer Österreich sind in Belarus rund 80 heimische Unternehmen mit Kapitalbeteiligungen engagiert.

Außenministerium weist Vorwürfe zurück

Wichtig sei, dass "die belarussische Bevölkerung nicht zur Zielscheibe von Wirtschaftssanktionen wird", betonte das Außenministerium in Wien. Es wies Vorwürfe, es würde Geschäftsinteressen über Menschenrechte stellen, als "absurd" zurück.

Kritik kam unterdessen vonseiten der belarussischen Opposition und der Opposition in Österreich. "Jetzt sieht es so aus, dass Österreich Geschäftsinteressen über Menschenrechte stellt", erklärte der im Warschauer Exil lebende belarussische Ex-Kulturminister Pawel Latuschko am Freitag der APA. Er unterstrich die Relevanz weiterer Sanktionen: "Für uns sind sie eine der letzten Chancen, die Repressionswelle aufzuhalten und die Freilassung von politischen Gefangenen zu bewirken", sagte er.

Auch heimische Opposition kritisiert

Ähnliche Kritik kam am Freitag auch von SPÖ-Vizeklubchef und Europasprecher Jörg Leichtfried, der sich auch um den außenpolitischen Ruf Österreichs sorgte. Neos-Außenpolitiksprecher Helmut Brandstätter warf der ÖVP aufgrund der starken Präsenz der ÖVP-nahen Raiffeisen-Bank am belarussischen Markt vor, "Klientelpolitik über Menschenrechte" zu stellen.

Belarus hatte Ende Mai eine Ryanair-Maschine auf dem Weg von Athen nach Vilnius unter dem Vorwand einer Bombendrohung mit einem Kampfjet zur Zwischenlandung in Minsk gezwungen. Dort wurden der im Exil lebende Oppositionelle Roman Protassewitsch und seine aus Russland stammende Freundin Sofia Sapega festgenommen. Die EU-Staaten haben deshalb bereits ein Flugverbot für Maschinen aus Belarus verhängt.

Wie die EU-Botschafter am Mittwoch beschlossen, sollen wegen des Vorfalls zudem sieben belarussische Verantwortliche mit Einreise- und Vermögenssperren belegt werden. Der Beschluss soll am Montag am Rande des Außenministertreffens formal in Kraft gesetzt werden. (APA, 18.9.2021)