Die Mitglieder des Verfassungsgerichts im Februar mit Tayyip Erdoğan im Februar 2021.

Foto: TURKISH PRESIDENT PRESS OFFICE / HANDOUT

Ankara – Kurz vor der Entscheidung über einen Verbotsantrag gegen die prokurdische Partei HDP in der Türkei hat ein vom Gericht ernannter Berichterstatter die Annahme empfohlen. Mängel im Antrag seien laut Berichterstatter beseitigt worden, schrieb die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Freitag.

Die Generalstaatsanwaltschaft in der Türkei hatte Anfang Juni erneut eine Verbotsklage gegen die Oppositionspartei beim Verfassungsgericht eingereicht. In der rund 850 Seiten langen Anklageschrift wird der Partei unter anderem Separatismus vorgeworfen. Zudem werde darin ihre Schließung und politische Betätigungsverbote für rund 500 Parteimitglieder gefordert, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Die Generalstaatsanwaltschaft hatte bereits Mitte März eine erste Verbotsklage eingereicht. Diese wurde aber wegen formaler Mängel nicht angenommen.

Die 15 Mitglieder des Verfassungsgerichts sollen nun am Montag über die Annahme oder die Ablehnung des Antrags entscheiden. Für eine Annahme des Antrags ist eine Zweidrittelmehrheit im Gremium notwendig. Eine Anwältin der HDP, Mavis Aydin, sagte der Deutschen Presse-Agentur, das Gericht sei nicht an die Entscheidung des Berichterstatters gebunden.

Mordanschlag auf HDP-Politikerin

Demonstrantinnen in Istanbul nach dem Anschlag auf das HDP-Büro.
Foto: Uygar Ozel

Kurz vor der Entscheidung des Verfassungsgerichts hat eine brutale Bluttat die westtürkische Stadt Izmir erschüttert: Ein mittlerweile festgenommener Mann drang am Donnerstag in das HDP-Büro in Izmir ein und schoss um sich. Dabei wurde eine 38-jährige HDP-Politikerin getötet. Die HDP beschuldigte daraufhin die Regierung Tayyip Erdoğans, für den Angriff mitverantwortlich zu sein, weil sie die Partei immer wieder zur Zielscheibe mache. Die islamisch-konservative Regierungspartei AKP und ihr ultranationalistischer Partner MHP seien "Anstifter und Mittäter", hieß es in einer Erklärung. Noch am selben Tag kam es zu großen Demonstrationen in Istanbul und Izmir. (red, APA, 18.6.2021)