Migrationsforscherin Judith Kohlenberger (Wirtschaftsuni Wien), Caritas Wien Geschäftsführer Klaus Schwertner und der Vizepräsident des EU-Parlaments Othmar Karas (ÖVP).

Foto: Caritas Wien/Deak

Anlässlich des Weltflüchtlingstages am Sonntag erneuerte die Initiative Courage, die u. a. von Schauspielerin Katharina Stemberger und Migrationsforscherin Judith Kohlenberger mitbegründet wurde, ihre Forderung nach einer Aufnahme von Flüchtlingen aus den Elendslagern auf den griechischen Inseln. Kohlenberger stellte dazu am Donnerstag bei einer Pressekonferenz ein Konzept der "geordneten Rettung" vor. Konkret fordert die Initiative die Aufnahme von 100 Personen, die bereits einen positiven Asylbescheid haben. Auf einer "Landkarte der sicheren Plätze" hat Courage 144 Gemeinden, Organisationen, aber auch Gastgeberfamilien zusammengetragen, die laut Homepage "ohne Probleme über 3000 Menschen aufnehmen könnten". Diese sollen auch in einem Buddysystem als "Integrationsbegleiter" fungieren.

Karas: Keine Parteipolitik

Mithilfe von Ärzte ohne Grenzen und UNHCR sollen besonders vulnerable Menschen für die "geordnete Rettung" ausgewählt werden, "ähnlich einem klassischen Resettlement, wie es Kanada beispielsweise macht", sagte Kohlenberger. Diese sollen in Österreich entweder erneut einen Asylantrag stellen oder ein Schnellverfahren durchlaufen, da sie ja in Griechenland bereits Asyl erhalten haben. "Alles, was es jetzt noch braucht, ist die Umsetzung", sagte Kohlenberger.

Unterstützung erhielt die Initiative Courage bei ihrer Forderung von der Caritas aber auch vom Vizepräsidenten des EU-Parlaments und ÖVP-Politiker Othmar Karas. Dieser forderte bei der gemeinsamen Pressekonferenz am Donnerstag, "den Geist der Offenheit wieder zum Leben zu erwecken". Auf die Frage, ob er die Position seiner Parteikollegen von der ÖVP zum Thema Asyl für problematisch halte, sagte er: "Die Einhaltung der Grundrechte-Charta und der Genfer Flüchtlingskonvention hat für mich kein parteipolitisches Mascherl."

Die Genfer Flüchtlingskonvention – sie wurde vor 70 Jahren im Jahr 1951 unterzeichnet – dürfe nicht "zu totem Recht" werden, warnte Caritas-Wien-Chef Klaus Schwertner. Man dürfe die Flüchtlingskonvention nicht "scheibchenweise abmontieren" . Menschenrechtsaktivisten und Hilfsorganisationen kritisierten in den vergangenen Monaten unter anderem vermehrte illegale Pushbacks (Zurückweisungen) von Flüchtlingen an den EU-Außengrenzen – vor allem in Griechenland und entlang der kroatischen Grenze. Eine solche Praxis verstößt gegen die GFK sowie die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK). (Johannes Pucher, 19.6.2021)