Ebrahim Raisis Unterstützerinnen feiern seinen Wahlsieg.

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Die diesmal vollends gelenkten Präsidentschaftswahlen im Iran haben das erwartete Ergebnis gebracht: Ebrahim Raisi wird im August der achte Präsident einer Islamischen Republik, in der das republikanische Element immer schwächer wird. Raisi steht für das iranische Justizsystem und dieses wiederum für das gesamte autoritäre islamistische System des Iran.

Nach dem Parlament kommt nun auch wieder die Regierung fest in die Hände konservativer Kräfte; alle anderen für die Islamische Republik typischen Institutionen – die diversen Räte – sind es ohnehin. Moderate oder gar Reformkräfte spielen nicht mehr mit. Raisi war der unbestrittene Kandidat des ideologischen Sektors der Hardliner. Und diese waren von Anfang an gegen das wichtigste Projekt der Regierung von Hassan Rohani: den Ausgleich mit der internationalen Gemeinschaft, und da vor allem mit den USA, im Streit um das iranische Atomprogramm.

Ende des Atomdeals?

Der logische Schluss wäre, dass es mit den Wiener Verhandlungen über die "Rettung" des 2015 ebenda abgeschlossenen Atomdeals vorbei ist. Aber so einfach funktioniert der Iran nicht.

Am Sonntag ging die sechste Gesprächsrunde zu Ende, und von den iranischen Wahlen – deren Ergebnis ja im Vorfeld klar war – fast unberührt, äußerten sich in den vergangenen Tagen Teilnehmer vorsichtig optimistisch. Angestrebt werde ein Abschluss im Juli. Das wäre vor dem Amtsantritt Raisis im August: was für ihn den Vorteil hätte, dass alles, was es am neuen Deal zu kritisieren gibt, noch Rohani zugeschoben werden kann. Aber das ist ein Ritual. Denn die Entscheidung trifft weder der eine noch der andere Präsident, sondern der religiöse Führer.

Mit Raisi bekommt Ali Khamenei einen Präsidenten, den zweierlei auszeichnet: Erstens ist er vollends auf seiner Linie, zweitens werden sich gerade deshalb auch die Revolutionsgarden, unter deren Störfeuer die Außenpolitik Rohanis stand, fügen. Wenn Khamenei beschließt, dass ein neuer Deal mit den USA notwendig ist, um dem Iran – und der erschöpften Bevölkerung – wirtschaftliche Erleichterungen zu bringen, dann wird es ihn geben, und Raisi wird ihn umsetzen. Khamenei hat auch Interesse daran, dass Raisi Erfolge hat – denn er braucht ihn für noch viel mehr: für den Umbau der Islamischen Republik für die Zeit nach ihm selbst.

Was sagt Washington?

Das heißt, zuerst einmal werden die Atomgespräche in Wien wohl weitergehen wie bisher: Es gibt große Brocken, die ihren Ausgang gefährden, aber das war auch vor dem Wahlsieg Raisis so. Die offenen, teils technischen Fragen zur Umsetzung des neuen Deals sind dabei wahrscheinlich leichter zu lösen als die politischen, die einer Ausweitung des Abkommens von 2015 gleichkommen.

Dazu gehört, dass Teheran von den USA Garantien verlangt, dass sich nicht wiederholt, was im Mai 2018 und danach geschah: Präsident Donald Trump stieg nicht nur aus dem Atomdeal aus, sondern ging danach auch erfolgreich daran, durch Sanktionsdrohungen dessen Umsetzung durch andere Partnerstaaten zu verhindern.

Auf der anderen Seite steht die Forderung Washingtons, dass in einer nächsten Stufe nach dem Atomprogramm auch noch andere Inhalte verhandelt werden sollen: die iranischen Raketen, die aggressive iranische Regionalpolitik. Keine iranische Präsidentschaft würde so eine Entscheidung selbst treffen. (Gudrun Harrer, 20.6.2021)