Lohengrin (Klaus Florian Vogt), im Wirtshaus wie neu geboren, wird von Elsa (Sara Jakubiak) und den Dirndldamen von Brabant freudvoll begrüßt.

Foto: Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Die Lohengrin-Inszenierung von Andreas Homoki verbindet ein Ambiente im Andreas-Gabalier-Look mit dem Abwechslungsreichtum eines Albums von DJ Ötzi. Eine suboptimale Sache. Warum nur, denkt man sich beim viereinhalbstündigen Anblick der hölzernen Lederhosen-Wirtshaus-Enge, kickt Direktor Bogdan Roščić in der nächsten Spielzeit die kluge, poetische, herzzerreißende Wozzeck-Inszenierung von Adolf Dresen aus dem Repertoire und nicht diese eintönige Regiefadesse? Ein klassisches Eigentor.

Am Samstagabend war der Herzilein- und Trachtenoverkill bald wurscht, denn die Musik war top. Motor und Herz der Aufführung: Cornelius Meister. Mit einem seligen Lächeln im bärtigen Antlitz – Brahms-Look? – ließ der ehemalige Chef des RSO Wien das Staatsopernorchester oft satt und saftig aufspielen und leitete die Aufstiege zu den dynamischen Gipfelpunkten mit Übersicht. Immer wieder animierte der 41-Jährige zu Agilität und feuriger Energie – da klang Wagners Lohengrin oft wie italienische Oper! Aber auch beseelte Innigkeit und Poesie: alles da.

Für seine zarten Töne ist Klaus Florian Vogt weltbekannt, kaum ein Tenor verfügt über dieses helle, weiche und doch tragfähige Piano in der hohen Mittellage wie der Bayreuth-Erprobte. Vogt verzückte wieder mit selbigem, zeigte jedoch Mühe bei Spitzentönen im Fortissimo.

Blitze der Bosheit

Im Lyrischen bot der gedeckte, oboenhafte Sopran von Hausdebütantin Sara Jakubiak als Elsa edlen Glanz irgendwo zwischen poliertem Marmor und Mahagoni; dramatische Erregung konnte sie auch.

Und die Bösen? Rollendebütant Johan Reuter gab den Telramund mit rugbyspielerhafter Beweglichkeit: mal tänzelnd, mal taumelnd. Ein wacher, eindringlicher Erzähler. Tanja Ariane Baumgartner schoss als dessen Gattin Ortrud Blitze der Bosheit in Form schriller Töne ins Wirtshaus, eindrücklich ihre verstockte, verbissene Körpersprache.

Ein König Heinrich von statuenhafter Noblesse: Kwangchul Youn. Bei Adrian Eröd (Heerrufer) belegte erosive Patina leicht den Stimmglanz. Federleicht die "Seht!"-Rufe des Chors, beim Fortissimo schepperte es aufgrund des sängerdienlichen Bühnenbilds in den Ohren. Etwas Gutes hat die Homoki-Inszenierung also doch. (Stefan Ender, 21.6.2021)