Almwirtschaften, Großbauern, Genossenschaften, Agrarkonzerne, Kleinbauern, Adelige, Waldbesitzer: Bei den Agrarförderungen ist für alle etwas dabei. Große profitieren sehr von der Flächenprämie der EU, Biobetriebe bekommen aus heimischen Töpfen etwa das Doppelte an Förderungen, verglichen mit konventionellen Landwirten. Allen kommen die Agrarmilliarden zugute, über die derzeit in Brüssel verhandelt wird. Den einen mehr, den anderen weniger. Für Unmut sorgt die Verteilung schon lange.

Es geht um viel Geld: Bis 2027 haben die EU-Staaten knapp 390 Milliarden Euro für die Landwirtschaft vorgesehen. An die heimischen Betriebe fließen über die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) jährlich rund 1,2 Milliarden Euro aus Brüssel. Österreich stockt auf rund 1,9 Milliarden auf. Rund drei Viertel der EU-Mittel fließen in Flächenprämien. Verteilt werden die Gelder an zehn Millionen Betriebe – von Agrarkonzernen mit zum Teil weit über 100 Hektar (von denen es eine Minderheit auch in Österreich gibt) bis zu Kleinbauern mit zehn Hektar.

Die Landwirte stehen unter Druck. Klimafreundlicher sollen sie künftig wirtschaften. Wie die Förderungen verteilt werden, darüber wird noch heftig debattiert.
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Dementsprechend kompliziert sind die Verhandlungen, die Ende Mai nach drei Jahren Gezerre erneut gescheitert sind. Immer noch ist man uneins, wie mehr Klimaschutz, bessere Absicherung der kleineren Landwirte und der vielfach ausgebeuteten Erntehelfer, weniger Pestizideinsatz und mehr Biodiversität unter einen Hut zu bringen sind.

Umschichten zu Kleinen

Diesen Donnerstag werden die Gespräche zwischen den Experten der EU-Kommission, des Rats und des Europäischen Parlaments wieder aufgenommen. Einer der Streitpunkte sind die Direktzahlungen. Zehn Prozent müssten an kleinere Betriebe umverteilt werden, fordert das EU-Parlament. Diskutiert wird etwa eine Förderobergrenze von 100.000 Euro und eine schrittweise Abstufung der Gelder bei steigender Betriebsgröße ab 60.000 Euro.

Das Geld könnte dann umgeschichtet, die ersten Hektare bei gleichbleibender Gesamtsumme stärker gefördert werden. Das Parlament will nicht nur in diesem Punkt mehr, als die Länder zu geben bereit sind. Auch in der Frage, wie viel der Direktzahlungen künftig an Umweltleistungen gebunden werden sollen, herrscht Uneinigkeit.

Umweltleistungen

Österreichs Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) bleibt mit 25 Prozent hinter den Vorstellungen des Parlaments von 30 Prozent zurück. Das und anderes stößt einer Kritikerallianz aus Umweltschützern wie Global 2000, Biene Österreich, Birdlife, Bio- und Kleinbauernvertretern und Gewerkschaft sauer auf, wie sie in einem "Faktencheck" kundtun.

Elisabeth Köstinger wehrt einige Vorstöße aus Brüssel ab. Das gefällt so manchen Kritikern gar nicht.
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Dass Köstinger erreichen will, dass Maßnahmen des rot-weiß-roten Agrarumweltprogramms ÖPUL als neue Ökoregelungen angerechnet werden dürfen, kritisieren sie als "Mogelpackung". Es wird befürchtet, dass auch für die nächste Periode die überwiegende Mehrheit der Direktzahlungen ohne Ökoregelung ausgeschüttet wird.

Auch was die heimischen Umverteilungsambitionen betrifft, sind die Kritiker wenig zufrieden und werfen Köstinger vor, auf diesem Auge blind zu sein. Köstinger ist gegen eine verpflichtende Umverteilung. Ihr Argument: Österreich hätte mit seinem Mix aus Zahlungen aus erster und zweiter Säule bereits ein funktionierendes System der Verteilungsgerechtigkeit, das die ersten Hektare stärker unterstütze.

56 Prozent der Betriebe in Österreich erhalten knapp 20 Prozent aller Direktzahlungen (EU-weit sind es 80 Prozent), an die oberen vier Prozent fließen 22 Prozent. Das gelte es zu korrigieren, mahnen die Kritiker. Immerhin trete die Ministerin hierzulande als Kämpferin "gegen die Agrarlobbys in Brüssel und für die kleinen bäuerlichen Familienbetriebe in Österreich" auf.

Mindestkontrollen lehnt Köstinger ab. Zu viel Bürokratie, lautet das Argument. Österreich stehe mit 20.000 Wanderarbeitern vor allem aus dem Osten und nicht ratifizierten ILO-Standards über den Arbeitsschutz in der Landwirtschaft bei weitem nicht so gut da, wie immer suggeriert werde, kontern Kritiker.
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Auf wenig Verständnis stößt auch die rot-weiß-rote Position auf EU-Ebene in Sachen Verbesserung der Lage von Erntearbeitern. Hier sehen EU-Parlament, NGOs, EU-Kommission und einige Mitgliedsstaaten Handlungsbedarf. Portugal schlug etwa vor, dass Betriebe, die ihre Arbeiter nicht fair behandeln, die EU-Gelder zurückzahlen müssen. Um Missstände aufzudecken, wäre aber wirksame Kontrolle nötig. Zuletzt sprach sich die Mehrheit der Agrarminister gegen Mindestkontrollen aus. Auch Köstinger hält den Bürokratieaufwand dafür zu hoch.

Pestizide im Visier

Auch in anderen Belangen wirft die Kritikerallianz der türkisen Ministerin Blockadehaltung vor. Während die Kommission bei der EU-Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen neben Pestizidrückständen künftig auch Umweltaspekte berücksichtigen wolle, würde Österreich sich nicht wortstark für strengere EU-Pestizidvorschriften einsetzen. "Anscheinend sind belastete Erdäpfel aus Ägypten, die auf unseren Tellern landen, für Elisabeth Köstinger nur dann ein Problem, wenn sie in Österreich weilt", formulieren die Kritiker scharf. (Regina Bruckner, 21.6.2021)