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Foto: getty/EThamPhoto

Pro
von Ronald Pohl

Die wunderbare Welt der Fußballabziehbilder steckt voller Widersprüche. Mein erstes Heft voller Panini-Sticker war gar kein italienisches Fabrikat. Das flaschengrüne Heft entstand 1976 in den Werkstätten des ÖFB. Der heimische Verband bewarb mit dem quietschbunten Druckerzeugnis, das bald vollgeklebt war mit bemerkenswert schlecht rasierten Herren, die Gründung der Zehner-Liga.

Fasziniert sammelte ich, zum Beispiel die Konterfeis von Voest-Linz-Kickern. Die blickten übelgelaunt drein, wohl weil die gefürchtete Linzer Luft jeden Sprint in den gegnerischen Strafraum zur Qual werden ließ. Ich scheute nicht einmal vor Austrianern zurück.

Als ich jedoch nur noch Doubletten zog, trat ich in eine neue Phase ein: Ich wurde zum Aufkäufer von Verlassenschaften. Fortan zupfte ich Kicker aus aufgegebenen Heften; in besonders hartnäckigen Fällen griff ich zur Schere. Was mich der Spaß kostete? Kostbare Schweinchen-Dick-Figuren. Bloß waren die besser rasiert.

Kontra
von Florian Vetter

Was man früher nur erahnen konnte, hat ein deutscher Mathematikprofessor ausgerechnet: Panini-Fans sind erst mit der Hälfte des Sammelns durch, wenn noch 19 der im aktuellen EM-Heft 678 Bilder fehlen. Dass sich die Anzahl der doppelten Sticker am Ende enorm häuft, ist ebenso unerquicklich, wie auf Tauschbörsen Cristiano Ronaldo hinterherzujagen, weil der nicht daherkommt.

Aber nicht einmal im Traum hätten wir seinerzeit daran gedacht, fehlende Bilder nachzukaufen. Wie auch? Es gab noch keinen virtuellen Marktplatz auf Knopfdruck, und so musste man selbst mit den leidigsten Mitschülern in pragmatische Tauschverhandlungen treten.

Heute reicht ein Klick ins Internetz, und die letzten 50 fehlenden Bilder fliegen ins Album, fertig ist es. Das widerspricht freilich dem Ethos eines echten Sammlers. Der berichtet von einer spürbaren Erotik beim Aufreißen der Stickerpackungen. Obwohl er davon überzeugt ist, dass Panini Häufigkeiten manipuliert. (RONDO, 25.6.2021)