Bild nicht mehr verfügbar.

Flüchtlinge in einem Schlauchboot vor der Küste der griechischen Insel Lesbos, begleitet von einem Frontex-Schiff.

Foto: AP/Michael Varaklas

Athen – Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat neue Belege für illegale Zurückweisungen von Geflüchteten an der griechischen Grenze sowie Folter und Misshandlungen veröffentlicht. Amnesty wirft der griechischen Grenzpolizei vor, gewaltsam und rechtswidrig Gruppen von Flüchtenden an Land und auf See festzuhalten, um sie in die Türkei zurückzuschieben.

In dem vorliegenden Bericht "Greece: Violence, lies and pushbacks" beleuchten die Experten der NGO Operationen der Grenzpolizei zwischen Juni und Dezember 2020 in der Region Evros und dem gleichnamigen Fluss, der die griechisch-türkische Grenze bildet.

Menschen würden bis zu 700 Kilometer von der Grenze entfernt aufgegriffen, zur Landgrenze mit der Türkei gebracht und dorthin abgeschoben, kritisierte Amnesty. Darunter seien auch registrierte Asylwerber gewesen. Es sei "eindeutig, dass mehrere griechische Behörden eng zusammenarbeiten, um Schutzsuchende festzunehmen und zu inhaftieren", heißt es in dem Bericht. Dabei würde auch sehr brutal vorgegangen, wie Betroffene und Zeugen zu Protokoll gaben. Dazu gehörten Schläge mit Stöcken oder Knüppeln, Tritte, Faustschläge, Ohrfeigen und Stöße, die manchmal zu schweren Verletzungen geführt hätten.

Amnesty International forderte die EU-Grenzschutzagentur Frontex auf, ihre Operationen in Griechenland auszusetzen oder sich zurückzuziehen. Frontex habe die Pflicht, Menschenrechtsverletzungen wie diese zu verhindern.

Wiederholte Vorwürfe

Die Vorwürfe illegaler Pushbacks gibt es seit langem, mittlerweile von mehreren Seiten, darunter humanitäre Organisationen, der Europarat oder das UNHCR. Die aktuelle griechische Regierung unter Kyriakos Mitsotakis, seit 2019 im Amt, hat jedenfalls das Wahlversprechen eingelöst, den Zustrom von Flüchtlingen drastisch zu reduzieren. Sollten die Vorwürfe der illegalen Pushbacks stimmen, wäre dies nicht nur ein Verstoß gegen die Verpflichtung, Personen in Seenot zu helfen, sondern auch einer gegen internationales und europäisches Recht, einschließlich des Artikels 3 der Menschenrechtskonvention, der die Zurückweisung von Flüchtlingen verbietet.

Auch die mit den griechischen Behörden kooperierende EU-Grenzschutzagentur selbst ist mit Vorwürfen dieser Art konfrontiert. Unabhängige Untersuchungen dazu gab es bisher nicht. Ein interner Bericht brachte eine Entlastung in den meisten untersuchten Fällen, es bleiben aber viele Fragen offen.

Athen weist die wiederholt gegen die griechische Grenzpolizei und die Behörden vorgebrachten Vorwürfe seit jeher zurück und nennt teilweise von anderen NGOs vorgebrachte Videobeweise Fake-News. Migrationsminister Notis Mitarachi betonte wiederholt, Griechenland schütze seine Grenzen "im Einklang mit dem Völkerrecht". (red, mhe, 23.6.2021)