Insgesamt können zwischen sieben und acht Prozent der österreichischen Bevölkerung über fünf Jahre – das sind zwischen 600.000 und 700.000 Personen – nicht schwimmen.

Rolf Vennenbernd

Österreichweit können rund 160.000 Kinder und Jugendliche bis 19 Jahre nicht schwimmen – davon mehr als 130.000 im Alter bis neun Jahre, ergab eine Umfrage des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV). Die Corona-Pandemie hat dazu geführt, dass Schwimmstunden und der Schwimmunterricht in den Volksschulen nicht stattfinden konnten. Das KFV fordert nun rasch Maßnahmen auf allen Ebenen, insbesondere im Schulsportbereich.

Weniger im Wasser

Vor der Pandemie schwammen Schülerinnen und Schüler rund 6.200.000 Stunden pro Semester, davon sind laut KFV durch die Pandemie 4.200.000 Stunden pro Halbjahr entfallen. Großteils nicht abgehalten wurde auch der Schwimmunterricht in Volksschulen, auch sonst waren Kinder seit Pandemiebeginn weniger im Wasser als die Jahre zuvor.

Laut der Umfrage waren sogar knapp ein Drittel der Kinder im vergangenen Jahr überhaupt nie schwimmen – vor der Pandemie waren es im Jahr 2019 mit 14 Prozent halb so viele. Bei den Erwachsenen, die in den vergangenen zwölf Monaten gar nicht schwimmen waren, hat sich der Anteil mehr als verdoppelt – von 20 Prozent im Jahr 2019 auf heuer 44 Prozent.

Besuch bei einem Schwimmkurs im Amalienbad.
DER STANDARD

Schwimmen als Überlebenstechnik

"Schwimmen ist eine unvergleichbare Überlebenstechnik. Schwimmen zu lernen braucht Zeit, Übung und auch Erfahrung mit dem Element Wasser", sagte Johanna Trauner-Karner, Leiterin des Forschungsbereichs Sport- und Freizeitsicherheit im KFV. Dem schulischen Schwimmunterricht kommt hierbei eine wichtige Bedeutung zu. So wird normalerweise sichergestellt, dass alle Kinder unabhängig ihrer sozialen Herkunft Zugang zu Kursen bekommen. "Wenn wir nicht hinnehmen wollen, dass auf Dauer viele Kinder – vor allem aus sozial schwächer gestellten Familien, die sich Privatschwimmkurse nicht leisten können – nicht schwimmen können, muss eine ambitionierte Aufholjagd auf allen Ebenen begonnen werden", forderte Karner.

In Österreich sterben laut KFV jährlich zwischen 22 und 47 Personen an den Folgen eines Ertrinkungsunfalls. Bei tödlichen Kinderunfällen ist Ertrinken die zweithäufigste Todesursache. "Auf jedes Kind, das ertrinkt, kommt statistisch gesehen noch ein Kind, das zwar gerettet wurde, aber mit schweren Gehirnschäden leben muss", berichtete Trauner-Karner.

Jeder Fünfte beim Schwimmen unsicher

Das KFV hat im April und Mai 2.300 Österreicherinnen und Österreicher befragt und die Ergebnisse auf die Bevölkerung hochgerechnet. Zwischen sieben und acht Prozent der österreichischen Bevölkerung über fünf Jahre – das sind zwischen 600.000 und 700.000 Personen – können demnach nicht schwimmen. Jeder fünfte Befragte schätzt seine Schwimmfähigkeiten als (sehr) unsicher bis mittelmäßig ein.

Wie in vielen anderen Bereichen verstärkte Corona auch beim Schwimmen die bereits bestehenden Unterschiede in den Bevölkerungsgruppen. Sozial schwächer gestellte Bevölkerungsgruppen hatten am wenigsten Möglichkeiten, eine für sie sichere Schwimminfrastruktur zu nutzen, berichtete das KFV in einer Aussendung. (APA, 22.6.2021)