Kickl warnt vor Souveränitätsverlust.

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Es sind blumige Bilder, mit denen Herbert Kickl, Bundesparteiobmann der FPÖ, seine Pressekonferenz, in der es eigentlich um Tourismus gehen sollte, beginnt. "Fürchte die Danaer, auch Geschenke bringende", ließ Vergil den Priester Laokoon in der "Aeneis" sagen, und meinte damit das hölzerne Pferd, mit dem die Griechen Troja eroberten. "Hüte dich vor der Europäischen Union, wenn sie dir Geschenke bringt", meint nun Kickl und bezieht sich dabei auf die 3,5 Milliarden Euro, die Österreich aus dem EU-Covid-Fonds bekommt.

Denn das, so Kickl, würde den Souveränitätsverlust Österreichs weiter befördern und ergo die ÖVP zu Österreich-Abschaffern machen. Womit der Bogen, zumindest rhetorisch, zur Asylpolitik der Regierung geschlagen ist.

Eine milde Explosion

Im Jahr 2020, so Kickl, seien die Asylzahlen explodiert. Einen derart gewaltigen Anstieg habe es seit Jahren nicht mehr gegeben, sagt er, das sei umso dramatischer, weil es noch nie so viel Polizei und Bundesheer an Österreich Grenzen gegeben habe wie während der Pandemie.

Die jährliche Entwicklung der Asylanträge seit 2015.

Doch was sagen die nackten Zahlen? Tatsächlich stiegen im Vorjahr die Asylanträge erstmals seit sechs Jahren wieder an – auf 14.775 Anträge. Wohlgemerkt sind das aber immer noch nur gut halb so viele Anträge wie noch im Jahr 2017 und nicht einmal ein Drittel so viele Anträge wie im Jahr 2016. Und im Jahr 2015 wurden gar sechsmal so viele Asylanträge gestellt, nämlich über 88.000.

Einbürgerungen als "Riesenproblem"

Die nächste verbale Brücke schlägt Kickl von Asylanträgen zu Einbürgerungen und damit zum Vorschlag der SPÖ, diese künftig einfacher zu gestalten. Dass die FPÖ davon wenig begeistert ist, ist bekannt; auch die ÖVP zeigte sich dem Vorschlag gegenüber abwehrend.

Seit 2000, so Kickl, seien ungefähr 364.000 Einbürgerungen vorgenommen worden, das seien mehr Menschen, als im Burgenland oder in Island wohnen würden. Jede dieser Informationen ist korrekt, wobei Kickl sich da auf einen recht weiten Zeitraum bezieht, denn bis 2002 stieg die Zahl der Einbürgerungen sehr steil an.

Die Entwicklung der Einbürgerungen in Österreich.

Betrachtet man etwa nur die Jahre seit 2010, also gut die Hälfte, so zeigt sich: Seitdem sind 90.000 Personen eingebürgert worden. Das sind dann in etwa so viele Menschen, wie in Wien-Landstraße leben, und etwa dreimal so viele wie in Liechtenstein.

Vergessene Serben

Spannend ist auch, auf welche Nationen sich Kickl in dem Zusammenhang konkret bezieht: Es gehe da um Länder, "wo wir es mit problematischen Entwicklungen zu tun haben" und die keinen "Bezug zu unserer Heimat" hätten. Konkret nennt Kickl die Türkei, den Kosovo, die Russische Föderation und Afghanistan. Den Türkinnen und Türken will Kickl künftig, ginge es nach ihm, gleich gar keine österreichische Staatsbürgerschaft mehr geben. Als Grund nannte er "sehr viele Verdachtsmomente, dass diese Neo-Österreicher vonseiten der Türkei dann ihre alte Staatsbürgerschaft wieder erlangen".

Tatsächlich gehören Menschen aus der Türkei, dem Kosovo und der Russischen Föderation zu den Top Five jener Staatsangehörigen, die im Vorjahr eingebürgert wurden; Menschen aus Afghanistan liegen dagegen auf Platz neun. Was Kickl nicht dazusagt: Auf Platz zwei liegt Serbien, eine Community, zu der die FPÖ jahrelang gezielt Anschluss suchte. (elas, 22.6.2021)