Schüler, Eltern und Lehrer beurteilen das österreichische Bildungssystem durchschnittlich.

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Von einem "Sehr gut" ist das österreichische Bildungssystem noch weit entfernt. Für den ersten Bildungsklimaindex (BKI) der Mega-Bildungsstiftung haben knapp 1.200 Schüler, Eltern und Pädagogen unter anderem die Bereiche Schulklima, Qualität des Unterrichts sowie Arbeitsbedingungen an Schulen beurteilt. Vor allem bei der IT-Ausstattung der Schulen, in der Wirtschafts- und Finanzbildung, bei der Berufsvorbereitung und der Vermittlung von praktischen "Life Skills" gibt es wesentlichen Verbesserungsbedarf. Große Unzufriedenheit herrscht auch bei den Lehrkräften mit den persönlichen Arbeitsplätzen in Schulen und der geringen gesellschaftlichen Wertschätzung für pädagogische Berufe.

Wirtschaftskompetenz und "Life Skills" als Mangelware

Am zufriedensten sind Österreichs Schülerinnen und Schüler mit der Qualität der Vermittlung von Unterrichtsfächern und Kompetenzen in den Bereichen Allgemeinbildung, Fremdsprachen und Zusammenleben, Umgang und Kommunikation untereinander. Mit der Vermittlung von Wirtschaftskompetenzen und praktischen "Life Skills" sind in Österreich alle drei Befragungsgruppen sehr unzufrieden. Vor allem was die Vorbereitung auf die Berufswelt betrifft, beurteilen die Schüler die Qualität deutlich schlechter, als diese von den Lehrkräften bewertet wird.

Der Themenkomplex Wirtschaftliche Themen, Umgang mit Geld schneidet auch bei den Lehrkräften am schlechtesten ab. Dieser Bereich landet bei allen drei Gruppen auf dem letzten Platz bezüglich Zufriedenheit mit der Qualität des Unterrichts und der Lehrinhalte. Besonders in den allgemeinbildenden höheren Schulen vermissen die Befragten praxisnahe Unterrichtsinhalte und die Vermittlung von "Life Skills".

Schlüsselfaktor Lehrkraft

Bei den allgemeinen Rahmenbedingungen an Österreichs Schulen reihen sowohl Schüler (27 Prozent) als auch Eltern (40 Prozent) "Kompetente und motivierte Pädagogen" an die erste Stelle des Relevanzrankings. Beide sehen hier aber deutlichen Verbesserungsbedarf: Nur 21 Prozent der Schüler (vorletzter Platz nach Zufriedenheit) vergeben ein "Sehr gut", bei den Eltern sind es immerhin 31 Prozent. Das Lehrpersonal räumt zwar der allgemeinen Ausstattung von Schulen höchste Priorität ein, ist aber offenbar selbst nicht sehr zufrieden damit: Nur 24 Prozent vergeben dafür ein "Sehr gut".

Das allgemeine Lernumfeld und die Schulorganisation bekommen in Österreich zumeist die Note "Gut". Am unzufriedensten sind Schüler in diesem Bereich mit dem Umgang mit Konflikten in der Schule. Hohe Zufriedenheitswerte der Eltern gibt es beim allgemeinen Schulklima und wie gerne ihre Kinder in die Schule gehen (40 Prozent "Sehr gut"). Am unteren Ende der Zufriedenheitsskala rangiert bei den Eltern die IT-Ausstattung an den Schulen. Beim Lehrpersonal hat die allgemeine Ausstattung der Schulgebäude und Klassenräume am schlechtesten abgeschnitten.

Besondere Unzufriedenheit mit starken regionalen Schwankungen herrscht beim Thema IT-Infrastruktur und Internet-Zugang an Schulen. Wiener Schüler bewerten die Computer- und IT-Ausstattung aber wesentlich besser als jene im Burgenland, der Steiermark und in Kärnten. Die Studie bestätigt zudem die bekannte Problematik, dass Lehrkräfte vor allem dann mit ihrem persönlichen Arbeitsumfeld in der Schule unzufrieden sind, wenn für Vor- und Nachbereitungsarbeiten des Unterrichts kein adäquater Arbeitsplatz zur Verfügung steht. 43 Prozent der befragten Lehrer erachten Verbesserungen in diesem Bereich für dringend notwendig.

Gesamtbeurteilung des Bildungssystems nur durchschnittlich

Während Schüler, Eltern und Pädagogen einzelne Faktoren sehr positiv benoten, fällt die Gesamtbeurteilung des österreichischen Bildungssystems deutlich schlechter aus: Von allen 1.193 Befragten vergeben lediglich neun Prozent ein "Sehr gut", 30 Prozent ein "Gut", 41 Prozent ein "Befriedigend" und 20 Prozent ein "Genügend" oder "Nicht genügend". Damit ergibt sich ein nur mittelmäßiger Notendurchschnitt von 2,8.

Die Verbesserungsvorschläge der Mega-Bildungsstiftung sind vielfältig und reichen von mehr praxis- und projektorientiertem Unterricht in allen Schultypen über eine bessere Vorbereitung auf die Arbeits- und Berufswelt durch die stärkere Einbindung von Experten aus der Praxis bis zu standortübergreifenden Schulkooperationen. Darüber hinaus müssten auch neue Karriereperspektiven für Pädagoginnen und Pädagogen geschaffen werden.

"Das Ziel, in allen Bereichen über ein sehr gutes Bildungssystem zu verfügen, muss in einem reichen Land wie Österreich konsequent weiterverfolgt werden. Mit dem neuen Bildungsklimaindex können wir nicht nur den Status quo, sondern auch die weitere Entwicklung des Bildungssystems messen und Innovationspotenziale heben", so Mega-Generalsekretär Andreas Lechner. Die Erhebung soll in Zukunft alle zwei Jahre wiederholt werden, um die allgemeine Entwicklung des österreichischen Bildungssystems und die Auswirkungen von Projekten und Reformmaßnahmen langfristig messbar zu machen. (red, 22.6.2021)