Das Nova-Rock-Festival, das im Juni hätte stattfinden sollen, fiel der Pandemie zum Opfer. Trotzdem lässt der Veranstalter die Rockfans nicht ganz im Stich.

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Festival- und Konzertveranstalter konnten die längste Zeit nur Kaffeesud lesen. Eine definitive Ansage, dass ab 1. Juli Großkonzerte und Festivals in Österreich wieder möglich sein werden, kam regierungsseitig erst Ende Mai. Dass mit so wenig Vorlaufzeit relativ wenig auf die Beine gestellt werden kann, wird jedem einleuchten: In den Herkunftsländern der Acts und anderen EU-Ländern gelten oft strengere Reisebeschränkungen als in Österreich. So kommt ein großer Act aus dem Ausland ja nicht schnell einmal für ein Festival nach Österreich und fährt dann wieder zurück, sondern spielt im besten Fall eine ganze Tournee, die monatelanger Planung Bedarf. Auch die Infrastruktur zu schaffen, die ein Festival benötigt, ist keine "Von heute auf morgen"-Angelegenheit.

Zusätzliche Festivaltage

Umso mehr muss man den Hut ziehen, konkret vor Barracuda Music, dem Veranstalter des Nova-Rock- und des Frequency-Festivals. Ewald Tatar und sein Team gaben die Hoffnung bis zuletzt nicht auf, dass das Frequency-Festival im August möglich sein könnte. Man sagte nicht frühzeitig ab. Und das hohe Pokern ging auf. Von 19. bis 21. August wird es in St. Pölten mit hauptsächlich heimischen Acts wie Bilderbuch, Yung Hurn und Raf Camora sowie Künstlern aus den Nachbarländern rundgehen. In kürzester Zeit stellte Barracuda Music auch noch zwei zusätzliche Festivaltage auf: Für das abgesagte Nova Rock wird es unter dem Motto "Nova Rock Encore" einen Ersatztag im September geben, der sich mit internationalen Acts wie Bullets for My Valentine, Millencolin oder den ESC-Gewinnern Måneskin nicht zu verstecken braucht; auch das Frequency erhält einen Zusatztag im Anschluss an das reguläre Festival.

Filip Potocki, Geschäftsführer von Arcadia Live, wird diesen Sommer keine großen Konzerte veranstalten.
Foto: Arcadia Live
Ewald Tatar hat das Frequency plus Zusatztag im Angebot sowie einen Ersatztag für das Nova Rock.
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Nägel mit Köpfen

So werden am 22. August auch noch die Megafon-Experten Scooter "Maria, Maria" durch selbiges brüllen sowie die Deutschrapper Apache207 und Ufo 361 auftreten. "Es war ein Arbeiten unter Druck. Wir haben sehr viele Acts kontaktiert und bei jenen, bei denen Bereitschaft bestand, sehr schnell Nägel mit Köpfen gemacht. Es wollen ja nicht nur wir, auch die Bands freuen sich, noch Sommerfestivals spielen zu können", sagt Tatar. Dass er mit seinen Line-ups nicht vollends zufrieden ist – besonders fürs Frequency hätte er sich mehr internationale Acts gewünscht –, hört man schon durch. Trotzdem kann man Barracuda wenig vorwerfen – sind sie fast der alleinige Retter dieses Festivalsommers fürs Publikum.

Viel mehr als das Frequency und die beiden Extratage wird es im Sommer in dieser Größenordnung schlichtweg nicht geben.

Der Mitbewerber, Arcadia Live, mietete zwar mit der Metastadt im 22. Wiener Gemeindebezirk eine tolle Outdoor-Location, hat aber bereits im April die Reißleine gezogen und Konzerte von internationalen Acts wie Alt-J, The Kooks oder Ms. Lauryn Hill, weil diese aktuell ohnehin nicht touren könnten, auf 2022 verschieben müssen, wie Geschäftsführer Filip Potocki erklärt.

Das Team ist nach wie vor in Kurzarbeit, außer kleineren Events wird diesen Sommer von Arcadia Live also nichts kommen. Trotzdem wertet Potocki die Öffnungsschritte, auch wenn sie ihm unmittelbar wenig nutzen, als sehr gutes Zeichen. Endlich komme wieder Euphorie und Aufbruchsstimmung in die Brache. Als positiv bewertet er auch die pandemiebedingte Gründung der IG Österreichische Veranstaltungswirtschaft, die einen Dialog zwischen den verschiedenen Playern gestartet hat.

Blicken wir in den Herbst. Auch dann wird nämlich keine Fülle von Konzerten über uns hereinbrechen. So ist das meiste längst auf 2022 verschoben. Trotzdem glauben sowohl Potocki als auch Tatar, dass jene Herbsttermine, die aktuell feststehen, halten werden. "Wenn der ganze Impfprozess gut weitergeht, sehe ich da nicht so die großen Probleme mit der Delta-Variante", sagt Tatar.

Filip Potocki im StandART-Interview
DER STANDARD

Apropos 2022 – da wird die Situation dann umgekehrt sein: Konzerte, wohin das Auge schaut und wohin das Ohr hört. Denn zu den bereits nach 2022 verschobenen Terminen kommen laufend neue Bookings dazu, von denen Tatar hofft, dass sie unter weitestgehend normalen Umständen stattfinden werden.

2022, das Jahr der Konzerte

Während man bei Barracuda also gerade auf Hochdruck an Aktuellem arbeitet, reflektiert Potocki im Gespräch auch die Entwicklungen am Festivalmarkt der letzten Jahre: "Es sind weniger Genrefestivals geworden, somit auch weniger Festivals in Österreich – das hat sich etwas kannibalisiert." Ein Trend, den Potocki beobachtet, geht hin zu urbanen Festivals, zu denen man mit Öffis anreisen und bei denen man eventuell sogar zu Hause schlafen kann.

Dass Arcadia Live wieder unter die Großfestivalveranstalter geht, will Potocki trotzdem nicht ausschließen. 2016 hat man Barracuda als Exklusivveranstalter in Wiesen abgelöst, konnte dort allerdings nicht reüssieren. Bereits nach zwei Jahren wurde die Zusammenarbeit mit der Bogner Veranstaltungs GmbH gelöst. Aktuell gibt es keinen Exklusivvertrag für Wiesen, die Familie Bogner stellt das Gelände unterschiedlichen Veranstaltern zur Verfügung. Zumindest diesen Sommer wird es aber auch in Wiesen nichts Nennenswertes geben. (Amira Ben Saoud, 23.6.2021)