Seit der Weltfinanzkrise von 2008, als ein Preiseinbruch in einem völlig überhitzten amerikanischen Häusermarkt die Weltwirtschaft an den Rand des Kollapses brachte, ist das Wort "Immobilienblase" gefürchtet. Anders als etwa auch in Spanien und Irland war Österreichs Immobilienmarkt damals ein Hort der Stabilität. Aber während die Krise eigentlich gelehrt haben sollte, dass Häuser und Wohnungen doch keine so sichere Anlage darstellen, wie das feste Mauerwerk suggeriert, entdeckten die österreichischen Anleger erst in der Folge ihre Liebe zu Realitäten.

Häuser und Wohnungen stellen doch keine so sichere Anlage dar, wie das feste Mauerwerk suggeriert.
Foto: imago images/Schöning

Seit 2010 sind die Wohnungspreise im Durchschnitt fast aufs Doppelte gestiegen, in attraktiven städtischen Lagen noch mehr. Niedrige Kreditzinsen, noch niedrigere Sparzinsen, ausländische Investoren und die Zuwanderung – vor allem nach Wien – haben diese Entwicklung vorangetrieben. Die Corona-Krise hat den Trend zum Eigenheim mit Terrasse und Arbeitszimmer weiter verstärkt.

Der Boom erfreut die Eigentümer, hat aber für andere negative Folgen. Er macht Wohnen vor allem für jüngere Menschen immer weniger leistbar und erhöht die soziale Ungleichheit. Denn es sind die ohnehin Vermögenden, die von steigenden Immopreisen am stärksten profitieren.

Und anders als ein Anstieg in Unternehmensbewertungen, etwa durch einen Aktienboom, sind teure Immobilien kein Zeichen für höhere gesamtwirtschaftliche Produktivität – und tragen auch nichts dazu bei. Der Wohlstandsgewinn beruht allein auf einer Umverteilung und erweist sich oft als Illusion.

Immobilienblase

Lange Zeit war dieser Preisanstieg in Österreich nicht mit systemischen Risiken verbunden. Die Investitionen ins Betongold kamen zumeist vom bestehenden Kapital und privaten Ersparnissen und waren nicht kreditfinanziert.

Das scheint sich allerdings nun geändert zu haben. Erstmals hat die Nationalbank konkret vor einer Immobilienblase gewarnt – weniger wegen der erneut stark gestiegenen Preise, sondern wegen zu lockerer Kreditvergaben der Banken. Immer öfter würden diese nämlich jene Leitlinien ignorieren, die sicherstellen sollen, dass Häuslbauer den Kredit später einmal zurückzahlen können.

Das ist ein Alarmsignal. Nach der Finanzkrise wurden die Risikovorgaben für Kreditinstitute massiv verschärft. Aber diese Disziplin muss auch in der Praxis gelebt werden, und das trifft offenbar nicht mehr für alle Institute zu.

In welchem Ausmaß das Bankwesen von einem erhöhten systemischen Risiko betroffen ist, bleibt unklar. Aber die Risiken für Einzelne sind groß, vor allem wenn die Kreditzinsen wieder steigen und dann etwa der Job verloren geht. Immobilienpreise sind keine Einbahnstraße, sie können jederzeit wieder fallen. Wer sich jetzt zu hoch verschuldet, dem drohen im schlimmsten Fall Privatkonkurs und Wohnungsverlust. Nicht nur das Finanzsystem, auch die Verbraucher brauchen Schutz.

Dafür müssten die Banken stärker kontrolliert werden, über die dafür notwendigen Rechte und Mittel verfügt die Aufsicht. Es muss weiterhin im großen Umfang Wohnraum geschaffen werden, und zwar in Städten und in Ortskernen, damit die Zersiedelung nicht zunimmt.

Und die Politik, vor allem die ÖVP, soll aufhören, Wohnungseigentum zu einem gesellschaftlichen Ideal hochzustilisieren. Es ist schön, sein Heim zu besitzen, wenn man es sich leisten kann. Aber viel Risiko sollte man dafür nicht eingehen. (Eric Frey, 22.6.2021)