Mondi Neusiedler hat zwei Produktionsstätten für Papier und das Vorprodukt Zellstoff in Hausmening und Kematen an der Ybbs (im Bild).

Foto: ho / klaus ranger

Des einen Freud, des anderen Leid. Während Hersteller von Verpackungskarton aufgrund der stark gestiegenen Online-Bestellungen während Corona in Aufträgen förmlich untergehen, hatten Papierproduzenten zuletzt weniger zu lachen. Bei Mondi, einem der weltweit führenden Verpackungs- und Papierhersteller mit starkem Standbein auch in Österreich, lässt sich diese Entwicklung wie unter einem Brennglas beobachten.

Während der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) 2020 im Bereich Wellpappe nur leicht von 543 auf 519 Millionen Euro zurückging, hat sich der Gewinn im Geschäftsfeld Uncoated Fine Paper von 444 auf 266 Millionen Euro fast halbiert. "Nach dem ersten Lockdown haben wir über Nacht fast 60 Prozent der Bestellungen verloren", sagt Gunilla Saltin. Die gebürtige Schwedin ist im Herbst 2019 zu Mondi gestoßen. Sie ist CEO des Geschäftsbereichs Uncoated Fine Paper und Mitglied des Konzernvorstands von Mondi mit Sitz in Wien.

Langlebigeres Papier

Uncoated Fine Paper ist ungestrichenes Feinpapier, bei dem das Lignin des Zellstoffs chemisch von den Fasern getrennt wurde. Das hat den Effekt, dass es langlebiger ist und nicht vergilbt. Und ungestrichen ("uncoated"), weil die Oberfläche des Papiers mit keiner Bindemittelschicht versehen wird. Das Papier glänzt daher auch nicht und fühlt sich rauer und natürlicher an.

"Die Menschen hatten zu Beginn von Corona und die Monate danach andere Bedürfnisse als Druckerpapier oder Luxusgüter zu kaufen", sagt Saltin. Weil weniger Uhren oder Schmuck gekauft wurden, ging auch die Nachfrage nach Luxusverpackungen zurück, die in der Regel auch aus ungestrichenem Feinpapier hergestellt werden.

Gunilla Saltin, CEO von Mondi Uncoated Fine Paper.
Foto: ho / klaus ranger

Die an den Börsen in Johannesburg und London notierte Mondi-Gruppe stellt an sechs Standorten in Österreich, der Slowakei, Russland und Südafrika im Schnitt rund 1,9 Millionen Tonnen ungestrichenes Feinpapier pro Jahr her. In Österreich sind es an den beiden Standorten von Neusiedler in Ulmerfeld/Hausmening und Kematen an der Ybbs (NÖ) an die 340.000 Tonnen. Frantschach (St. Gertraud, Kärnten) ist auch Teil von Mondi; dort liegt der Schwerpunkt der Produktion auf flexiblen Verpackungen, die während Corona stärker nachgefragt blieben als ungestrichenes Feinpapier.

Homeoffice-Effekt

Die Nachfrage nach ungestrichenem Feinpapier sei zwar wieder zurück und die Werke im Volllastbetrieb, an die Weltmarktmengen vor Corona werde die Branche aber wohl nicht mehr anschließen können. Die fortschreitende Digitalisierung, aber auch die Homeoffice-Tätigkeit, an der viele Beschäftigte während Corona Gefallen gefunden haben, bremsten den Papierkonsum.

"Ganz ohne Papier werden wir nie sein, weil das Digitale bei bestimmten Anwendungen, vor allem aber was die Haptik betrifft, schlicht kein Ersatz ist. Aber es wird weniger werden", sagt Saltin.

Diese Entwicklung habe vor Corona eingesetzt, habe sich während der Pandemie beschleunigt und wird nach dem Dafürhalten von Saltin mit der nachrückenden, digital aufwachsenden Generation weiter Fahrt aufnehmen.

Mehr Marktanteil

Trotz der starken Einbrüche im Vorjahr infolge der Lockdowns habe Mondi Uncoated Fine Paper seine Anteile in einem schrumpfenden Markt ausbauen können. Dies sei nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass man an allen Standorten kosteneffizient unterwegs sei und weitere Verbesserungen plane.

Ein Großteil der Energie, die im Produktionsprozess benötigt wird, ist erneuerbar und wird vor Ort mit dem Restholz erzeugt, das für Zellstoff nicht taugt. Im Schnitt können 50 Prozent eines Baums für die Zellstoffproduktion verwendet werden, aus dem anschließend Papier gewonnen wird. Die anderen 50 Prozent sind im Wesentlichen Lignin und werden verheizt. (Günther Strobl, 22.6.2021)