Bundeskanzler Sebastian Kurz und Bildungsminister Heinz Faßmann (beide ÖVP) besuchten das Gymnasium Diefenbachgasse in Wien. Dort erklärten sie den Stand der Regierungspläne zur Digitalisierung an Österreichs Schulen.

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Im kommenden Herbst sollen rund 150.000 Schülerinnen und Schüler der fünften und sechsten Schulstufe digitale Endgeräte erhalten. Das haben Bundeskanzler Sebastian Kurz und Bildungsminister Heinz Faßmann (beide ÖVP) am Mittwoch bei einer Pressekonferenz im Wiener Diefenbach-Gymnasium angekündigt. Die Lieferung ist Teil des laut Kurz "größten Digitalisierungsschubs" an Österreichs Schulen. Der zugrundeliegende Achtpunkteplan zur Digitalisierung wurde bereits vor der Corona-Krise konzipiert, die Pandemie habe aber dessen Notwendigkeit untermauert, sagte Kurz.

93 Prozent der Schulen nehmen teil

Um an die Laptops und Tablets zu kommen, mussten die Schulen bis Jänner einen "Letter of Intent" unterschreiben, in dem sie sich etwa zur Fortbildung der Lehrkräfte in Digitalisierungsfragen oder der Gründung einer schulinternen Steuerungsgruppe zur Koordination des Geräteeinsatzes verpflichten mussten. Nach Angaben des Bildungsministeriums haben das 1.502 Standorte – das sind 93 Prozent aller teilnahmeberechtigten Schulen – getan. Wobei der Zuspruch regional etwas unterschiedlich ausfiel: Während im Burgenland 100 Prozent der Schulen teilnehmen, sind es in Vorarlberg nur 82 Prozent. Die Hypothese Faßmanns zu dieser Diskrepanz: "Im Westen ist man vielleicht skeptisch, was da aus dem Osten auf sie zukommt." Dagegen spricht freilich, dass auch in Tirol 100 Prozent teilnehmen. Weiterer Erklärungsansatz des Geografieprofessors: Schulen in kleinen alpinen Vorarlberger Tälern täten sich womöglich mit der Leitungsinfrastruktur schwerer und hätten sich daher noch nicht angemeldet. Kurz legte es simpler an und prophezeite: Es würden ohnehin bald überall alle teilnehmen.

Die Schulen konnten via Schulgemeinschaftsausschuss jedenfalls selbst auswählen, welche Geräte sie für die Kinder anschaffen wollen. 42 Prozent entschieden sich für Windows-Notebooks, 27 Prozent für iPad-Tablets, 22 Prozent für Windows-Tablets. Zwei Prozent setzen mit Refurbished-Notebooks auf eine ökologischere Option. Die Großbestellung der Geräte musste EU-weit ausgeschrieben werden und wurde über die Bundesbeschaffungsagentur abgewickelt, der Einspruch eines Bieters läuft allerdings noch. Mit Schulbeginn im September werden noch nicht alle Schüler ihre Geräte am Tisch liegen haben, räumte Faßmann ein, das geschehe aber im Laufe des ersten Semesters.

25 Prozent Selbstbehalt

Ihre Laptops und Tablets können die Schüler auch zu Hause und in ihrer Freizeit verwenden, sie gehen in ihr privates Eigentum über. Dafür müssen sie aber einen Selbstbehalt von 25 Prozent des Gerätepreises zahlen, was laut Faßmann auf rund 100 Euro kommt. Bei sozialen Problemen werde es möglich sein, einen Antrag auf Befreiung vom Selbstbehalt zu stellen. Die Geräte haben eine vierjährige Garantie. Wenn man die Schule wechselt und in der neuen Schule einen anderen Gerätetyp braucht, kann man auf einer Tauschbörse des Ministeriums nach einem Wechselpartner Ausschau halten. Auch die Lehrkräfte der Laptop- und Tabletklassen sollen mit entsprechenden Geräten ausgestattet werden.

Lehrer können Surfen blockieren

Damit während der Stunde nicht in unterrichtsferne Sphären des Internets abgeschweift wird, bekommen Lehrerinnen die Möglichkeit, das Surfen auf den Schülergeräten zu unterbinden. Außerdem können Lehrer den Bildschirm der Schülergeräte am Whiteboard mit der ganzen Klasse teilen. Es werde allerdings technisch sichergestellt, dass die Schulen keinesfalls Zugriff auf private Daten der Kinder erlangen können, sagte Faßmann.

Kurz und Faßmann betonten, dass Endgeräte allein noch nicht viel bringen, solange es bei der Anbindung ans Internet hapert. Bis 2023 sollen daher alle Bundesschulen mit Glasfasertechnologie ausgestattet werden. Insgesamt veranschlagt das Bildungsministerium 250 Millionen Euro für die Schuldigitalisierung. Teile davon werden über die Digitalisierungssparte im EU-Wiederaufbaufonds abgerufen, wobei die Regierung das Ausmaß dieses Anteils nicht genau beziffern konnte.

SPÖ kritisiert Selbstbehalt und Verzögerung

SPÖ-Bildungssprecherin Petra Vordernwinkler kritisierte an der Regierungsankündigung vor allem den Selbstbehalt der Familien für die Anschaffung der Geräte. Durch die Corona-Pandemie hätten es viele Familien ohnehin schwer genug. Zudem, schreibt Vorderwinkler per Aussendung, erfolge die Ausrollung der Ausstattung mit Laptops so spät, dass der Höhepunkt der Pandemie bereits vorbei sein wird. "Nur ein Teil der Geräte kann zum Schulstart geliefert werden und es bekommt auch nur ein Bruchteil der Kinder und Jugendlichen digitale Endgeräte, nämlich 150.000 von den insgesamt 1,1 Millionen Schüler*innen." (ta, 23.6.2021)